V 158.3f
Wir haben also festgestellt, dass der Zorn eine oft sehr verzeihliche und verständliche oder folgerichtige Lebensäusserung des irdischen Menschen darstellt. Wenn wir aber überlegen, dass jenseitige Wesen sich durch ihre ihnen eigene geistige Kraft kundtun, ihre Kraft auf Wesen im Irdischen ausstrahlen können und da wir bereits wissen, dass der Mensch mit allen seinen Irrtümern und Fehlern hinübergeht nach dem Abschied von der materiellen Welt und dass er oft noch das Bedürfnis hat, seine irdischen Gewohnheiten fortzusetzen, dann müssen wir unseren Überlegungen auch zugrunde legen, dass Emotionen, Hassgefühle, Rachsucht usw. ebensowenig verlorengehen wie Gefühle der Zuneigung und Liebe, der Reue und Demut usw.
Wir wissen aber auch, dass ihre Einflüsse nicht durch Materie behindert viel intensiver wirksam werden können, wenn sie in Unkenntnis dessen, was erlaubt und zuträglich ist, sich mit aller Macht eines irdischen Wesens bemächtigen.
I 38.2
Es ist so, dass der Mensch oder besser gesagt, das Geistwesen, das von der Erde Abschied nimmt, um ins Jenseits herüberzukommen, mit allen seinen Sorgen und Kümmernissen, mit allen Fehlern und Irrtümern herüberkommt und je nach seiner Einstellung und seinem Glauben an das jenseitige Dasein, mehr oder weniger lang braucht, um den Weg zur Wahrheit zu finden. Wenn man nur erst den Weg gefunden hat, ist man schon glücklich. Man erkennt dann leicht, dass er der richtige ist, aber er ist lang und beschwerlich und erfordert alle Kraft des Geistes, um fortzuschreiten und zum Nutzen der Menschheit und der hilfebedürftigen Geister zu wirken.
I 170.2
Ich habe schon zu Beginn meiner Ausführungen darauf hingewiesen, dass der Mensch mit allen Fehlern und Irrtümern ins Jenseits herüberkommt und umlernen muss und weiter an seiner Entwicklung arbeiten, bis er den Weg zu höherer Sphäre oder Region, zu hellerem Sehen und höherem Wissen gefunden hat. Vieles, was also aus dem Jenseits berichtet wird, ist daher noch lange nicht richtig, und es bedarf eines offenen und klaren Verstandes, um zu unterscheiden zwischen Irrtum und Wahrheit.
I 140.4f
Der Mensch neigt dazu, anzunehmen, dass der irdische Tod an sich als Sühne wirkt und alle bösen Taten und Eigenschaften mit dem Ende des Lebens ausgelöscht sind. Das ist ein grosser Irrtum. Jeder hat die gleiche Ausstrahlung hier und dort, solange er seine Irrtümer nicht einsieht und bekämpft. Die Möglichkeit zur Besserung und Läuterung ist ihm natürlich hier im Jenseits genauso gegeben wie im irdischen Leben und alle wahre Hilfe steht ihm zur Verfügung.
Aber es ist nun einmal notwendig, festzustellen, dass der Mensch durch seinen Abschied von der materiellen Welt noch lange nicht besser ist als er bis zu seinem Abschied war. Darum ist es ein Irrtum, wenn man glaubt, dass man von solchen Geistwesen nur Gutes lernen kann, wenngleich sie im Leben nichts davon geäussert und bewiesen haben.
VI 25.4
Wenn die Menschen die Möglichkeit hätten, zu erkennen, wie sich im Jenseits menschliche Eigenschaften und Schwächen fortsetzen und auswirken können, sie würden nicht so leicht gläubig, sondern mit grösster Skepsis allem gegenüberstehen, was aus dem Jenseits kommt.
I 195.2
Viele Geister, die herüberkommen, sind aber auch der Auffassung, nun schon alles zu wissen und sind der Meinung, dass ihre Auffassung vom Leben und Sterben, von der unendlichen Allmacht die einzig richtige ist. Für sie hat das Jenseits im ganzen eben das Aussehen, das sie in ihrer Entwicklungsstufe feststellen können, ohne zu erkennen, dass vor ihnen noch ein unendlicher Weg sich dehnt, auf dem sie in weit höhere - ich meine natürlich immer geistig - Regionen gelangen werden, die ein ganz anderes Aussehen haben als die bereits erreichte.
IV 38.2
Nicht alle Geistwesen sind aber so wohlwollend gestimmt, sondern viele, sehr viele haben ihren Unmut, ihren Hass und bösen Willen ins Jenseits mitgebracht und zeigen noch keine Absicht, sich zu ändern und Böses mit Gutem zu vergelten. Sie sind bemüht, ihre Hassgefühle zum Ausdruck zu bringen und glauben, dies über andere, und zwar irdische Menschen, noch bewirken zu können. Wie immer sind es die konvenierenden Strahlen, die ihnen dazu eine Möglichkeit weisen und ihnen als Mittler dienen, sich wieder bemerkbar zu machen und Befriedigung für ihre Absichten zu finden in der Weise, dass sie willige Subjekte benützen, sich ihrem Willen unterzuordnen und sie zu Handlungen veranlassen oder besser gesagt zwingen, die diese aus freiem Willen nicht vollbringen würden. Labile Charaktere sind es meist, die zuwenig inneren Widerstand besitzen.
I 85.3
Durch gleiche oder ähnliche Verhaltensweisen ist noch lange nicht auf Gleichheit des Geistwesens zu schliessen, denn Handlung im materiellen Bereich kann durch Erziehung, Vorbild oder auch Zwang in jeder Form verursacht werden. Die Beurteilung eines Charakters, womit ich den geistigen Wert des Menschen bezeichnen will, ist unendlich schwierig. Mit Recht sagt man, dass in jedem Menschen ein guter Kern liege, jedoch mehr oder weniger fühlbar oder erfassbar.
II 34.3f
Es ist für uns nicht leicht, ein richtiges, objektives Urteil über einen Menschen zu finden. Der Wert oder Unwert des Charakters ist von so vielen Komponenten abhängig. Bedenken wir doch, wie viele Menschen nur deshalb gut erscheinen, weil sie einfach nicht in die Gelegenheit kommen, ihre vielleicht bösen Charakterzüge zur Geltung zu bringen. Wie oft erleben wir, dass Menschen, die in ihrer Kindheit behütet waren auf Schritt und Tritt und die von allen vermutlich schlechten Einflüssen ferngehalten wurden, in ihrem späteren Leben, wenn jeder Schutz wegfällt und sie plötzlich mit dem Ernst des Lebens konfrontiert sind, restlos versagen, allen ihren niederen Instinkten und Trieben freien Lauf lassen und nicht im geringsten den Wunsch haben, zu einem geordneten Lebenswandel zurückzukehren.
Solange also der Mensch unter fremdem Einfluss steht oder die Schranken, die ihm das Milieu auferlegte, noch nicht durchbrochen hat, solange wird es schwer sein, die in ihm schlummernden Charaktereigenschaften zu ergründen. Es ist natürlich richtig, dass die Individualpsychologie ihre Untersuchungen auf die Bereiche des menschlichen Lebens abstellt, die in der menschlichen Gesellschaftsordnung die grösste Rolle spielen oder eben aus der menschlichen Gemeinschaft in ihrem Zusammenwirken nicht wegzudenken sind.
II 39.2
Man mag daraus schon die Schwierigkeiten erkennen, die sich dem forschenden Psychologen entgegenstellen. Wie oft wird man geneigt sein, eine Eigenschaft als eine der Persönlichkeit eigene anzusehen, obwohl sie nur anerzogen und in der Persönlichkeit selbst gar nicht verankert ist. Da klar zu unterscheiden, was Merkmal der Persönlichkeit und was anerzogene Eigenschaften sind, ist sehr schwer und in vielen Fällen fast unmöglich.
II 123.3ff
Ich will aber mehr davon sprechen, was als Richtlinie im irdischen Leben dienen soll und was gleichermassen im Jenseits gültig ist und seine Fortsetzung findet, wenn im Irdischen eine gute Grundlage oder auch nur ein bescheidener Anfang geschaffen wurde.
Nur Seele und Geistwesen sind es, die die Errungenschaften des materiellen Lebens ins Jenseits mitbringen. Die Seele als Sitz des Gefühlslebens soll lernen, in jeder Lebenslage das Rechte und Gute zu erfühlen und so im Leben mit der Gemeinschaft den Fortschritt zum Guten, zu Liebe und Güte, zu Hilfsbereitschaft und verstehender Freundschaft suchen und finden.
Im Geistigen ist es der freie Wille, der nach Schulung und Erziehung zu Recht und Gerechtigkeit, zu Wissen und höherer Leistung im Interesse und zum Nutzen der Gemeinschaft seiner Aufgabe gerecht werden muss und im Bestreben auf irgendeiner Ebene sich einer Berufung würdig zu erweisen bestrebt sein muss, sein hochgestecktes Ziel zu erreichen oder ihm doch auch nur näher zu kommen.
Und wenn man nun fragt, wie werden solche Kenntnisse und im Irdischen erworbene Fähigkeiten im Jenseits verwertet, dann kann ich es gut verständlich auch für materielle Vorstellung erklären.
Die Lebensschule ist mit dem Abschied von der Erde nicht zu Ende. Sie setzt sich genau dort fort, wo wir im Irdischen geendet haben.
V 160.1ff
Hemmungslosigkeit kann eine rein menschliche Regung sein, hat aber ihre Ursache vornehmlich in negativen Einflüssen, in der Erziehung, in Gesellschaft und Vorbild. Besonders schwache Charaktere, die sich minderwertig fühlen, die glauben, ausserhalb der menschlichen Gesellschaft zu stehen, oder auch nur glauben, den Anforderungen des Milieus nicht gerecht werden zu können und Stärke vortäuschen wollen, haben es schwer, stets Ruhe zu bewahren und verlieren sich in Übertreibung entgegengesetzter Äusserungen. Ein Feiger zeigt übertriebenen Mut, ein Unwissender ist bemüht, sich als Weiser zu zeigen.
Je weniger der Mensch aber weiss, um so mehr redet er und dem Gefühl der Minderwertigkeit setzt er Überheblichkeit entgegen. Zorn und Wut sind oft die Gegenpole von Angst und Furcht; Bedrückung und Depression werden durch überlautes Lachen und Schreien und gespielte Heiterkeit zu kompensieren versucht.
Nehmt daher nicht die Fehlhaltung als den dem Menschen eigenen grundlegenden Charakterzug, sondern forscht - ich möchte sagen - nach der entgegengesetzten Ursache. Ist sie gefunden und behoben, dann schwindet auch jede Übertreibung in entgegengesetzter Richtung. Sie wird dann eben überflüssig.
Die Psyche des Menschen zu ergründen, stösst aber, wie ich schon vielfach aufgezeigt habe, auf mancherlei Schwierigkeiten, besonders dann, wenn man annehmen muss, dass auch fremde Kräfte wirksam sind.
VI 104.2ff
Hemmungen müsste man solche Passivität nennen, die den Menschen hindert, sich aus eigener Kraft zu betätigen. Willenlos und faul, befangen, ängstlich sind Eigenschaften, die zu Passivität verleiten, zur Abkehr von den Pflichten des täglichen Lebens, von der Anpassung an die Gemeinschaft etc.
Es ist das Gegenteil von Getriebensein, nur liegt der Unterschied vor allem darin, dass die Umgebung ein passives Verhalten viel leichter dem Menschen selbst zuschreibt als eine erhöhte Aktivität. Verminderte Regsamkeit und Verzicht auf Leistung werden als Charakterschwächen ausgelegt und gelten dann mehr oder weniger als unabwendbar, auf alle Fälle aber verurteilungswürdig.
Der solcherart belastete Mensch ist vor allem gehemmt, seine Gedanken und Gefühle zum Ausdruck zu bringen und verschliesst sich seiner Umgebung mehr und mehr. Dazu kommt, dass eine so gesteigerte Passivität, ein so übersteigertes Unvermögen meist zur Flucht vor dem realen Leben führt und Angst vor Versagen lähmend auf den ganzen Organismus wirkt. Die Folge davon das Sichverkriechen, die Flucht in die Krankheit.
Oft findet man bei Menschen, die sich schwerkrank fühlen und das Bett nicht verlassen zu können glauben, nicht den geringsten Anhaltspunkt für ein organisches Leiden. Grosse Vorsicht ist in einem solchen Fall geboten, wenngleich es keine Gefahr bedeutet anzunehmen, dass fremde Kräfte die Harmonie zwischen Seele, Geist und Körper stören.
II 142.4f
So wie man selbst zur Pflege seiner Seele Passivität anstrebt und sich in sich selbst versenkt, um nur den guten Kräften aus dem All Einfluss zu gewähren, so muss man auch, um die reine, ungetrübte Erkenntnis vom Wesen der Mitmenschen, von ihrem Charakter und ihrer geistigen Reife zu erhalten, sich auf eine einwandfreie und aufnahmebereite Basis stellen. Wie ein Kind die Arme öffnet und sich den Ball zuwerfen lässt um ihn zu fangen, durch nichts gehemmt und nur bereit, ihn aufzunehmen, so muss auch der Mensch sich den Strahlen öffnen, die auf ihn zukommen. Aber wie das Kind zugreifen und die Arme schliessen muss, um den Ball auch festzuhalten, so muss der Mensch im richtigen Augenblick den Eindruck festhalten, die Wirkung auf die Seele nicht zurückprallen lassen, sondern im Innersten verschliessen und seinem Geist die Entscheidung überlassen, ob gut oder böse war, was ihn oder - besser gesagt - sie, die Seele, getroffen hat.
II 143.2f
Wenn eine Ausstrahlung als gut erkannt und empfunden ist, dann ist noch nicht gesagt, dass wir mit diesem Menschen in allen Dingen einverstanden sind und sein können.
Wer darf sich aber ein Urteil darüber anmassen, ob der andere besser oder schlechter - ich möchte sagen - minderwertiger ist als er selbst? Das ist ein schwerwiegendes Kapitel, über das wir im Zusammenhang mit der Charaktererziehung und Beurteilung noch zu schreiben haben werden. Unser Urteil, und ich sage bewusst unser, weil diese Grundregeln auch im Jenseits in gleicher Weise gelten, kann immer nur auf dem Niveau unserer eigenen geistigen Reife basieren und wird deshalb sicher nicht in allen Fällen und Belangen unumstösslich richtig sein. Wir werden wohl mit Sicherheit erkennen können, dass ein Mensch in seiner seelischen und geistigen Reife über uns steht, wenn auch da wohl ein Irrtum im irdischen Bereich möglich und verständlich ist, weil wir nur mit geistiger Sehkraft die Intensität der Ausstrahlung erkennen können.
V 53.2
Nowotny fährt selbst fort: Dieser junge Mann hat mit seiner Änderung von heute auf morgen den Beweis geliefert, dass er es nicht selbst war, dass er nicht aus eigenem freien Willen ein ungesundes Leben geführt hat; denn einen Menschen zu ändern, der seinem Wesen nach labil und leicht beeinflussbar einen schlechten Lebenswandel führt, ist sehr schwer und bedarf meist einer langen Zeit der Umerziehung und Fürsorge, wenn überhaupt von einem bleibenden Erfolg die Rede sein kann.
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Verwendete Textstellen aus Mediale Schriften, Dr. Karl Nowotny, Band I-VI
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I 38.2, 140.4f, 170.2, 195.2 / II 34.3f, 39.2, 123.3ff, 142.4, 143.2f / IV 38.2 / V 53.2, 158.3f, 160.1ff / VI 25.4, 104.2ff
I 85.3 ergfänzt