I 55.6f
Dass schon das Kind sich seinen Weg vorzeichnet, ist bekannt, aber nicht durch äussere Einflüsse veranlasst, sondern auf Grund der in ihm wohnenden Kräfte des Geistes, der wie gesagt in mehr oder weniger reifer Entwicklung, in ihm schlummert. Nun kommt es darauf an, dass die Kräfte, die im Kinde schlummern, zur Entfaltung kommen können, und dazu ist wohl der Einfluss der Umgebung von Bedeutung.
I 56.2
Wird ein Geist in ein gutes Milieu geboren und erfährt er die geeignete verständnisvolle Förderung durch seine Umgebung, die richtige Pflege des Körpers und der Seele, dann wird er in seinem Erdendasein seine vorgenommenen Aufgaben erfüllen. Ich denke dabei an einen Geist, der schon einer höheren Entwicklungsstufe angehört und unter Umständen, und dann wohl meistens, über seine Vorfahren weit hinauswächst. Es gibt da ja, wie wir wissen, so unzählige Varianten, wie es eben Menschen gibt. Deshalb kann kaum eine Norm dafür gefunden werden, die auf alle Fälle gleich anzuwenden ist. Es kommt nun darauf an, auf welchem Gebiet der Geist oder die Seele noch Aufgaben zu erfüllen hat, um langsam, sehr langsam einem Idealbild nahezukommen. Es wäre ein bescheidenes Idealbild, wollten wir annehmen, dass es genügen würde, die von der Wissenschaft bisher gestellten Forderungen hierzu zu erfüllen.
I 149.4f
Wo soll also der Unterricht oder die Erziehung beginnen? Am besten dort, wo ein Geistwesen das Licht der Welt erblickt. Aber nicht an ihm, sondern an seinem Milieu, in das er hineingeboren wird. Die Menschen zeugen Kinder und sind sich selten der grossen Verantwortung und der Pflichten bewusst, die sie damit auf sich genommen haben.
Die Fortpflanzung der Menschheit liegt in den göttlichen Gesetzen begründet und ist ein heiliger Akt. Wie schon festgestellt, kommt jeder Geist aus freiem Willen in diese Welt zurück, um dem Fortschritt zu dienen und nicht nur für sich selbst, sondern für die gesamte Menschheit. Ich will bewusst die Richtung nach dem Guten hervorkehren, weil die Richtlinien für eine geeignete Erziehungsmethode diese Tendenz allein ins Auge fassen müssen.
I 151.2ff
Im Zeitpunkt der Geburt oder der zu erwartenden Inkarnation müssten die Eltern, soferne sie nicht selbst schon Kenntnis von den grossen erhabenen unendlichen Gesetzen haben, darüber in Kenntnis gesetzt werden, woher ihr Kind seinen Geist beziehungsweise sein Geistwesen erhält, wer verantwortlich ist für die körperliche Beschaffenheit und daraus für die in der Zukunft zu erwartende Gesundheit und Lebenskraft. Sie müssten erfahren und lernen, wie ein kindlicher Geist gefördert wird, worüber ich noch ein besonderes Kapitel werde folgen lassen und wie sie selbst sich den Kräften aus dem All, den guten Einflüssen öffnen können und müssen, wenn sie die richtige Hilfe und Erziehung ihrem Kind zuteil werden lassen wollen.
Den guten Willen dazu hat bestimmt jede Mutter, die ein Kind zur Welt bringt, es sei denn, dass die materiellen Verhältnisse diese Gabe Gottes als Last mehr denn als Freude betrachten liessen. In solchen Fällen muss die Hilfe und Beratung weiter zurückgehen und zur Schaffung des geeigneten Milieus behilflich und bereit sein. Wie gross ist die Freude der Mutter, ein lebendiges Wesen aus eigenem Fleisch und Blut im Arm zu halten. Das ist so lange reine Freude, als das Neugeborene noch keine eigenen Willensakte setzt. Solange nur der Wille der Eltern geschieht ohne Widerstand, so lange ist eitel Wonne im Haus. Fängt aber das Kind an, sich seines eigenen Willens bewusst zu werden oder aber sind seine Lebensäusserungen nicht nach Erwartung und Wunsch der Eltern, dann beginnen meist die Schwierigkeiten in der Erziehung, weil man der Meinung ist, der Geist des Kindes müsse nach dem Vorbild der Eltern erzogen und geformt werden.
Dass dieses kleine Menschenkind vielleicht einen viel höher entwickelten Geist in sich birgt als ihn die Eltern besitzen, das wird meist gar nicht in Erwägung gezogen. Darum müssen die Menschen endlich Klarheit darüber erwerben, dass wohl der Körper von den Eltern ererbt, nicht aber der Geist von ihnen übernommen wird. Das Geistwesen ist unteilbar und einmalig. Das allein schliesst die Vererbung aus. Das Geistwesen muss also einen anderen Ursprung, eine andere Herkunft haben.
Darüber vor allem müssten junge Menschen aufgeklärt werden, bevor sie eheliche Verbindung eingehen, sie müssten sich genau prüfen, ob sie sich stark und geeignet fühlen, die hohe Verpflichtung einzugehen, einem fremden Geistwesen Heimstatt zu geben und ihm zum Fortschritt zu verhelfen. Eine heilige Aufgabe, sie war es nicht nur für Maria, die Jesus gebar, sie ist es gleicherart für jede Frau und Mutter.
Aber auch der Vater ist an der Erziehung beteiligt, und zwar meist in den Jahren mehr als die Mutter, da der junge Mensch dem materiellen Kindesalter entwachsen ist und Hilfe und Unterstützung sucht gegen die Fährnisse des irdischen Daseins.
Nur mit Rat und gutem Vorbild sollten Eltern ihren Kindern im reiferen Alter begegnen und zur Seite stehen, nicht mit Strafen und Befehlen. Sind sie sich der Tatsache bewusst, dass das Geistwesen in ihrem Kind nicht aus ihnen stammt, dann werden sie auch mit Güte und Nachsicht zu erforschen suchen, wohin der Weg - ich meine Lebensweg - des Kindes ausgerichtet werden soll. Immer ohne Zwang, aber mit fürsorglichem Einfühlen in die Psyche des von Gott anvertrauten Wesens.
I 219.2
Und so wie es im Gerichtswesen zu einer Umstellung in diesem Sinn kommen muss, so muss schon in der Erziehung des Kindes eine Auffassung sich durchsetzen, die diesem Grundgedanken gerecht wird. Ich meine den Grundgedanken von der Lenkung und Leitung zum Guten nicht durch Züchtigung und Strafen, sondern nur mit Liebe und viel Geduld, mit Einfühlung in die Psyche des Kindes oder jungen Menschen, der seinen Eltern und Erziehern anvertraut ist.
Ich will ja nur meinem Gefühl Ausdruck verleihen, dass alle Menschen auf Liebe und Güte reagieren und das Gefühl der Dankbarkeit und damit der Reue in ihnen geweckt wird, anstatt sie durch Strafen und Absonderung von der menschlichen Gesellschaft noch mehr zu degradieren, als sie es schon selbst durch ihre ungehörige Tat empfinden. Macht euch, meine verehrten Richter und auch Ärzte, die diese Zeilen lesen oder hören, vertraut mit den Methoden und Behelfen, die schon in der Individualpsychologie begründet sind, und bemüht euch, in diesem Sinne eure Mitmenschen zu beurteilen und ihnen weiterzuhelfen auf dem für viele so schweren Lebensweg.
II 102.7f
Es ist also wieder die Aufgabe der Eltern und Erzieher, die dem Kind und jungen Menschen einerseits freie Willens- und Gedankenbildung lassen müssen, anderseits nach Feststellung einer abwegigen Anschauung in der Lage sein müssen, gute Führer und Helfer zu sein. Wir müssen also heute in der Zeit des Materialismus und der übermässigen Abhängigkeit von den irdischen Gütern in erster Linie daran denken, den Reifen, ich meine den im materiellen Sinn Reifen, also den Erwachsenen, den richtigen Weg zu einer guten Lebensauffassung zu weisen, ihre Irrtümer zu bekämpfen suchen und so die Grundlagen für die kommende Generation schaffen helfen, die dann durch das gute Vorbild sicher und unfehlbar auf den rechten Weg kommen muss.
II 107.3ff
Das sieht viel schwerer aus als es in Wirklichkeit ist. Es erfordert nur die rechte Auffassung vom Sinn und Zweck des Lebens und den guten Willen, vorwärts zu kommen und ein höheres Leben zu erreichen. Ein höheres Leben hängt nicht vom materiellen Besitz ab, das haben wir schon erörtert, aber materielle Zufriedenheit kommt mit der Erkenntnis vom Wert des geistigen Fortschritts. Und darin liegt die grosse Forderung nach richtiger Erziehung und Lenkung in der Kindheit und Jugend.
Wenn aber die Erwachsenen erst so weit sein werden, dass sie dieses Erfordernis erkennen und verstehen, nach diesen Grundsätzen ihre Einstellung zum Leben suchen, dann ist schon sehr viel gewonnen.
Vor allem ist es wieder das Bewusstsein, dass ein Kind ein fertiges Programm für sein Leben in sich birgt und deshalb ihm die Möglichkeit zur freien Entfaltung geboten werden muss. Nicht oft genug kann ich diese Tatsache wiederholen und vor Augen führen, sie ist die oberste Voraussetzung für eine richtige Erziehung und Behandlung des kindlichen Geistwesens. Kindlich - wie schon gesagt - nur in bezug auf das materielle Attribut, nicht aber im Hinblick auf die bereits erworbene geistige Reife.
Ein Kind entwickelt sich in den ersten Jahren seines Lebens fast nur körperlich. Es ist nicht Naturgesetz, dass es im Leben auf der materiellen Welt vom ersten Tag an seelisch und geistig Fortschritte macht. Dass es sprechen lernt, sehen und hören kann, gehört zur materiellen Entwicklung wie eben alles, was es im irdischen Leben gibt und was wir im Jenseits zu unserer Existenz und Weiterentwicklung nicht benötigen.
Es ist also zu unterscheiden zwischen der materiellen Entwicklung, wozu auch die Erziehung zum richtigen Gebrauch der fünf Sinne gehört, und dem Fortschritt im Geiste, der erst viel später beginnt. Damit ist aber nicht etwa gemeint, dass die mitgebrachten Erkenntnisse, die bereits erworbene geistige Reife für den Beschauer oder Erzieher nicht schon in früher Kindheit sichtbar ist.
Diese zu erkennen ist ja die Aufgabe der Eltern und Erzieher, wenn sie die Möglichkeit haben, sich wirklich mit dem heranwachsenden Wesen zu befassen; sie ohne Behinderung sich frei entwickeln zu lassen ist die Aufgabe von Menschen, die wegen ihrer materiellen Lebensbedingungen nicht Zeit und Ruhe finden, sich ihren Sprösslingen hinreichend zu widmen. Immer aber müssen auch solche Menschen dafür sorgen und sorgen können, ihren Kindern ein körperlich gesundes und das Wachstum förderndes Milieu zu gewähren. Man wird fragen, wann die Zeit gekommen ist, in der die reine geistige Entwicklung und damit der Fortschritt beginnen kann. Das ist natürlich sehr schwer zu sagen und für die Umgebung nicht immer leicht erkennbar. Nicht bei allen Menschen sind die Voraussetzungen zur gleichen Zeit geschaffen. Wir haben schon an anderer Stelle davon gesprochen, dass jeder Mensch eine eigene Persönlichkeit ist und die Entwicklung sowohl seelisch als auch geistig von verschiedenen Einflüssen abhängt.
Der Idealzustand wird dann erreicht sein, wenn die Eltern und Erzieher eingeweiht und überzeugt von den grossen Zusammenhängen im Weltall, ein gutes Vorbild für ihre Nachkommen sind und nicht erst selbst durch Fehler und Irrtümer erkennen müssen, worin die Erfordernisse für eine gute Erziehung zu suchen sind.
Wenn wir also annehmen, dass ein Kind das beste Vorbild hat, das wir uns in der irdischen Region heute vorstellen können, dann darf erwartet werden, dass es sehr selbständig in seiner Entwicklung bald Hinweise geben wird, ob und welche Berufung es auf die Welt mitgebracht hat und es wird nicht schwer sein, die Erziehung und den Unterricht in die erforderliche Richtung zu lenken.
Erziehung und Unterricht gehen zwar nebeneinander her, sind aber sehr verschiedene Elemente im Leben des werdenden Menschen.
Erziehung betrifft wohl in der Hauptsache die Seele, die Lenkung der Lebenskraft und des Willens zu gottgewollten Taten, zum Guten und Schönen. Ohne diese Lenkung wird der Unterricht - das heisst die technische Schulung im Gebrauch des Gehirns - ein ganz einseitiger sein, sofern nicht die mitgebrachte seelische Reife den erforderlichen Ausgleich herbeiführt.
V 119.4ff
Viel Ungemach könnte vermieden werden, wenn echte Erziehungshilfen für Eltern und junge Menschen geschaffen würden, die imstande wären, den Menschen ein wahres Weltbild zu vermitteln, den Sinn und Zweck des Lebens glaubhaft vor Augen zu führen und so die Suche nach falschen Hilfen als sinnlos erscheinen zu lassen.
Es genügt nicht, nur eine gute Lektüre anzubieten, zu der ich wohl meine Schriften in diesem Rahmen zählen darf. Es gehört dazu ein gutes Gespräch, die Vertiefung der gedruckten Gedanken.
Jeder Mensch hat seine eigene Auffassungsgabe und ist bestrebt, in allem die Bestätigung für die Richtigkeit seiner Auffassung zu finden. Und es lässt sich alles nach eigenem Ermessen auslegen. Die grundlegendsten Wahrheiten können umgemünzt und verdreht werden.
Menschen aber, die das Bestreben haben, sich selbst zu erkennen und ihre Existenz auf eine höhere Basis zu
V 120.1f
stellen, müssen geführt und geleitet werden. Es muss ihnen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Gedanken auszubreiten, darüber mit Gleichgesinnten zu diskutieren. Nur auf diese Weise kann ein bleibendes Fundament geschaffen werden, auf dem sie selbst und ihre Nachkommen weiter aufbauen können.
Denn, wie ich schon einmal sagte, kann die Welt nicht von heute auf morgen geändert oder verbessert werden. Es ist ein Prozess von langer Dauer. Nur ein winziges Schärflein können und wollen wir dazu beitragen.
Denn noch ist die Materie stärker als der Geist, wenn auch nur im irdischen Dasein. Eine Ausgewogenheit zwischen beiden zu finden, ist aber schon jetzt erreichbar.
V 128.6ff
Tadel und Rüge veranlassen aber mehr noch zum Festhalten an der fremden Kraft, weil in der völligen Hilflosigkeit und allein gelassen in seiner Not, diese Last noch einen Halt zu bieten scheint.
Zur Befreiung davon ist also auch die nächste Umgebung zu unterweisen. Sie muss in den meisten Fällen zu einem Umdenken veranlasst werden, damit die Bemühungen der guten Helfer nicht behindert oder gar unmöglich gemacht werden.
Diese Umerziehung sollte gründlich geschehen, am besten durch regelmässige Vorträge oder Gespräche.
Die Lebensweise der Umgebung gibt oft einen Anhaltspunkt für die Ursache der Belastungen bei Personen, die sich in dieser bewegen. Wenn sich zum Beispiel der Vater, der ja den stärksten Einfluss auf die Familienmitglieder ausübt, regelmässig in spiritistischen Kreisen aufhält, eigene mediale Fähigkeiten bei sich entdeckt und nun mit dieser Einstellung nach Hause kommt, so kommen mit ihm Kräfte, die sich unter Umständen an unbeteiligte Familienmitglieder hängen und eben da zur Geltung kommen wollen.
I 223.1ff
Ich sagte schon, dass es in der Erziehung des Kindes darauf ankommt, herauszufinden, wohin der Lebensweg führen soll, welches Programm im Inneren des Menschen wohnt. Was dazu nötig ist zu lernen, ist einfach das richtige Verstehen, das Erfühlen der Grundlagen und Fähigkeiten. Das kann man aber nur, wenn man dem Menschen die Möglichkeit zur freien Entfaltung gibt.
In der Erziehung der ersten Lebensjahre werden so viele Fehler begangen, Hemmungen in jeder Richtung werden anerzogen, denn solche sind niemals angeboren. Ein Kind, das einen schwachen eigenen Willen hat, wird sich leicht lenken lassen, ja aber wohin? Meist dorthin, wohin es die Eltern und Erzieher für zweckmässig und richtig halten. Der Vater hat ja einen Beruf oder ein Geschäft für den Sohn aufgebaut, und ist er noch sowenig dazu geeignet und begabt, er muss da hinein, weil sonst das Vermögen umsonst zusammengekratzt wurde.
Wenngleich sich in dieser Richtung schon in den letzten Jahrzehnten eine Lockerung angebahnt hat, herrscht doch immer noch die Auffassung, dass die Kinder ein Erbe von den Eltern erhalten müssen, um ein sorgenfreies Dasein führen zu können. Daraus muss man den Schluss ziehen, dass die Eltern ihren Kindern nicht zutrauen, dass sie dasselbe erreichen könnten oder erarbeiten, was die Eltern zustande gebracht haben. Wie kurzsichtig ist solche Auffassung. Man übersieht dabei vollkommen, dass der den Eltern anvertraute Geist oft oder meist weit höher entwickelt ist und nur eine - ich möchte sagen - primitive Grundlage braucht, um seine Veranlagung zum Ziel zu führen. Es ist geradezu eine Überheblichkeit der Eltern, die der Meinung sind, dass ihre Kinder arm und verlassen sind und hilflos, wenn sie die irdische Welt verlassen. Wie oft zeigt es sich erst dann, dass ein Mensch sehr wohl imstande ist, auf eigenen Beinen zu stehen, was man ihm vorher restlos abgeleugnet und abgesprochen hatte.
Wie lange muss solch ein Menschenkind oft warten, bis es sein eigenes Leben leben darf, bis aller Zwang und Bevormundung wegfällt und es sich entfalten darf auf Grund der Anlagen, die in ihm ruhen. Mancher kommt damit zu spät und findet nicht mehr Zeit und Möglichkeit, seine Aufgaben, die er sich gestellt hat, zu erfüllen. Er muss nachsitzen, könnte man sagen, und nachholen und vollenden, entweder im Jenseits, fern von der materiellen Welt, oder gebunden an diese, in einer noch dunklen Sphäre, je nach dem Versäumnis, das er nachzuholen hat. Erspart bleibt ihm nichts.
Die Eltern aber, die solcherart ihrem Kind hindernd und hemmend im Wege standen, müssen auch umlernen, um für das nächste Mal gereifter und klüger ihrer Aufgabe und ihren Pflichten gerecht zu werden. Das dauert aber wieder eine ganz geraume Zeit, oft einige hundert Jahre, bis sie zurückkommen können, um gutzumachen, was sie verdorben hatten.
Ich will also damit sagen, dass in erster Linie die Eltern eine Erziehung brauchen, wenigstens noch vorläufig so lange, bis es solche Irrtümer auf der materiellen Welt nicht mehr gibt. Man mag nur zurückdenken, mit welchen Fehlern und Irrtümern die Menschheit in den letzten Jahrhunderten schon aufgeräumt hat und welcher Fortschritt sich in der Zivilisation der Völker, die ja das Spiegelbild des geistigen Fortschritts sein soll, schon erkennen lässt.
III 50.4ff
Ein Kind, das wohlbehütet vor Lärm und hässlicher Umgebung in reinem Sonnenschein und guter Luft, von Liebe und Zärtlichkeit umsorgt und gepflegt aufwächst, bringt die besten Grundlagen in sein reiferes Alter, um das zu wählen, was für seinen Fortschritt vorteilhaft ist. Ein solcher Mensch wird immer vergleichen, ganz gefühlsmässig, wie man zu sagen pflegt, ob das, was auf ihn zukommt, seinen bisher gemachten Erfahrungen entspricht und wird von selbst ablehnen, was unähnlich oder entgegengesetzt ist. Nicht nur äussere Eindrücke, sondern alle Einflüsse, die den nun einmal angenommenen Grundlagen widersprechen.
Ein Kind, das in Lärm, schlechter Luft, ohne Liebe und Güte ins Leben stolpert - möchte ich sagen - und nicht mit Bedacht hineingeführt wird, ist auf sein mitgebrachtes Programm allein angewiesen und wird dementsprechend darauf reagieren. Vorerst nimmt es die gegebenen Voraussetzungen als die richtigen und geht den Weg, der ihm von seiner Umgebung, seinem Milieu vorgezeichnet wird. Entsprechend seiner geistigen Reife wird es früher oder später oder auch noch gar nicht erkennen, dass es nicht die geeigneten und wünschenswerten Grundlagen sind und einen anderen Weg, seinen eigenen, einschlagen.
Nun lassen sich die Grundsätze in vieler Richtung variieren. Ein Kind, das normal und gesund die besten Grundlagen für den Aufbau und die Entwicklung und Erfüllung seines Programmes erhält, hat eine schöne, leichte, frohe und positive Kindheit zu erwarten. Man kann sich leicht vorstellen, wie viele Arten der Entwicklung es geben muss, wenn man sogar, nur auf den besten Grundlagen aufbauend, alle Komponenten berücksichtigt, die für das Werden, die Reife des Persönlichkeitsbildes von Bedeutung sind.
III 54.2f
Der eigene Wille des Kindes ist im allgemeinen so stark, dass es fast nicht möglich ist, ohne Widerstand gleiche Meinung in ihm zu erzeugen.
Viele Eltern sind der Meinung, ein Kind müsse aus Liebe zu ihnen folgsam sein und ihr Urteil widerspruchslos annehmen aus Verehrung oder in Anerkennung des reiferen Alters und der bereits gemachten Erfahrung. Wie unrichtig das ist, wissen wir längst, und dass es das Verkehrteste in der Erziehung ist, dem werdenden Menschen sein eigenes Urteil und seine Erfahrungen aufzuzwingen.
III 163.2
Anerkennung des eigenen Ichs mit Bescheidenheit und Rücksichtnahme auf die Umgebung. Rücksichtnahme dann vor allem, wenn ein höher entwickeltes Geistwesen in einem Milieu aufwächst, das unter ihm steht und gezwungen ist, zu ihm hinaufzuschauen. Das sind nicht Stellungnahmen aufgrund von tiefschürfenden Überlegungen, sondern gesetzmässige Folgeerscheinungen, die sich durch die Seele auf das Gehirn bzw. Geistwesen übertragen. Schon in frühestem Kindesalter zeigt sich oft eine erstaunliche Überlegenheit den Erwachsenen gegenüber, die nicht imstande sind zu ergründen, welche Ursache dem zugrunde liegt. Die Reaktion ist aber oft sehr verschieden. In einem Fall wird der Unterlegene bemüht sein, die höhere Entwicklung zu unterdrücken, weil er sich selbst als Herr und Meister sehen will, in einem anderen Fall wird man bestrebt sein gleichgültig zu bleiben, um die Unterlegenheit nicht zugeben zu müssen, selten aber wird von einem Erwachsenen die Überlegenheit des Kindes voll und ganz anerkannt werden und wird man bemüht sein, das Selbstbewusstsein, das mit Überlegenheit gepaart ist zu fördern. Sehr wichtig ist diese Unterscheidung und die Erziehung zu gerechter Beurteilung daher vordringlich, wie überhaupt die Erziehung erst bei den Erwachsenen einzusetzen hat, die, noch von falschen Grundsätzen geleitet, sich selbst als Urheber alles Nachkommenden betrachtet.
III 207.1ff
Woher kommt aber dieser Mangel an Mut, der nur aus einem zu geringen Selbstvertrauen herrührt? Es kann verschiedene Ursachen dafür geben. In erster Linie ist als Ursache die unrichtige Erziehung zu erkennen, weil Eltern und Erzieher in Unkenntnis der wahren Zusammenhänge in dem werdenden Menschen seine Unfähigkeit zu selbständiger Entscheidung und Urteilskraft annehmen, in der Meinung, dass solche Fähigkeit dem reiferen Alter vorbehalten sei. Es ist daher wichtig, dass hier der Hebel angesetzt und für die Zukunft vorgesorgt wird, indem man die Menschen immer wieder die Reife des Geistwesen zu erkennen lehrt und mit Geduld und Einfühlung in die Psyche des Kindes einzudringen sucht, um zu erfahren, ob und wieweit es einer Stützung und Leitung bedarf. Es ist nicht Aufgabe der Erzieher, jeden Irrtum, den ein Kind begeht anzuprangern und zu verurteilen. Ihre Aufgabe besteht in erster Linie darin, die Kinder anzuregen, selbst zu erkennen, ob das, was sie denken und tun richtig ist.
Wir kommen in der Erziehung nicht mehr aus ohne Wissen und Erkennen der Zusammenhänge mit dem Unendlichen und der Abhängigkeit von der göttlichen Allmacht und den von ihr geschaffenen ewigen Gesetzen.
IV 145.5f
Man mag daraus erkennen, wie wichtig die Erziehung zu selbständigem Denken, zur Übung der freien Entscheidung und Selbstverantwortlichkeit ist.
Die Stärkung der Willenskraft muss in der Erziehung einen Vorrang geniessen und nicht durch Unterwerfung unter fremden Willen zurückgedrängt werden.
III 135.3ff
Ich sagte ja, dass jedes Kind die Möglichkeit erhalten müsse, sein mitgebrachtes Programm zu finden und sich in vorgenommener Richtung zu entwickeln. Das wird jedem Kind gelingen, das in liebevoller Umgebung aufwächst. Und im Zusammenhang damit will ich erwähnen, warum ich die Familie nur im engsten Kreis betrachtet wissen will. Es ist ein Unding, ein Kind herumzureichen, mit ihm in der ganzen engeren und weiteren Familie nach Lob und Anerkennung zu haschen. Alle Tanten, Grossmütter und Onkel üben schärfste Kritik, finden das Kind unerzogen oder ungepflegt usw. Jeder hat etwas anderes für das Kind zu empfehlen und man spart nicht mit Ratschlägen, ja sogar Forderungen in der Erziehung. Alle solche Besserwisser sollen ausgesperrt werden, wenn man will, dass ein Kind sich ungehemmt entwickelt.
Zuneigung und Abneigung des Kindes sind unkontrollierbar und es gibt fast keine Familie, jetzt im weiteren Sinn gemeint, in der nicht solche Mitglieder zu finden wären, die in einem Kind Widerstand und Unwillen erregen. Verlangt man aber schon von einem kleinen Kind, dass es seine Regungen unterdrückt und entgegengesetzte Gefühle zur Schau trägt, so erzieht man es zur Unaufrichtigkeit, die sich dann in allen Lebenslagen wiederfinden wird.
Das Leben lehrt früh genug, ganz ohne Zutun der Erwachsenen, dass man seinen Gefühlen nicht immer freien Lauf lassen kann und darf. Dem kleinen Kind, das noch nicht mit Vernunft oder - besser gesagt - mit geschulter Vernunft reagieren kann, soll man seine ungehemmte Regung nicht unterdrücken. Ich sagte „geschulte” Vernunft, denn das Verhalten des Kindes entbehrt nicht der wahren Vernunft, ist aber oft nicht zweckmässig und für die Eltern eben peinlich.
Darum ist es klüger, den Rahmen der Familie so eng wie möglich zu halten und sich vor allem die Auffassung zu eigen zu machen, dass der weiteren Familie oder besser gesagt Verwandtschaft gegenüber keinerlei Verpflichtung zu einer Rechtfertigung in der Behandlung der Kinder und der Auffassung von harmonischem Familienleben und einer ebensolchen Erziehung der Kinder besteht.
I 148.4ff
Die Aufklärung muss schon frühzeitig beginnen, denn schon im Kindesalter erfahren viele Menschen von den ausserirdischen Zusammenhängen. Der kindliche Geist ist aufnahmefähig und oft noch ohne reifes Urteil. Darum ist es Aufgabe der Eltern, in erster Linie im Kreise der Familie Gespräche über sensationelle Erscheinungen zu vermeiden, um das Kind nicht zu Nachforschungen und Neugier zu reizen. Trotzdem muss davon ausgegangen werden, dass eine vernünftige Aufklärung Platz greift, dass die Menschen frühzeitig lernen, sich den Kräften und damit meine ich nur die guten Kräfte aus dem All, zu öffnen und negative Einflüsse abzuwehren. Nicht jeder oder nur wenige Menschen bringen die Abwehr gegen üble Kräfte selbst mit. Sehr bald erkennen die Eltern, ob ein Kind aus eigenem Antrieb das richtige Verhalten findet oder ob es einer Hilfe und Stütze bedarf. Es ist natürlich auch dabei Voraussetzung, dass die Eltern eine einigermassen gesunde Lebensauffassung besitzen und sich über Sinn und Zweck des menschlichen Daseins bewusst sind.
Alles, was ich darüber schon festgelegt habe, muss zu den Grundlagen in der Erziehung gehören und sich wie eine markante Linie durch jeglichen Verkehr mit dem zarten und noch unerfahrenen Kindergeist ziehen. Unerfahren jedoch nur in bezug auf das materielle Leben und seine negativen Kräfte, denn Materie ist sozusagen die negative, gleich minderwertige, der Geist oder das geistige die positive Komponente im materiellen Bereich.
Ohne geistige Führung wäre die Materie tot und wirkungslos. Der Geist aber bedarf zu seinem Fortbestand nicht der Materie.
III 23.2ff
Ein sehr bedeutendes Kapitel ist es im Zusammenhang mit der Erziehung, wie die Menschen gelenkt und geleitet werden müssen, damit sie lernen, auch auf dem Gebiet der Fortpflanzung den goldenen Mittelweg zu finden und sich nicht den Himmel auf Erden zu erwarten, wo vielmehr Leere, Abneigung und Enttäuschung, ja Zank und Streit droht, wenn nicht wahre Liebe, das ist Opferbereitschaft und Verzicht auf eigene Interessen, die Grundlage für eine Vereinigung bilden. Dort, wo sie fehlen und in triebhafter Vereinigung das höchste Glück erwartet wird, ist die Grundlage für so viele Leiden körperlicher, seelischer und geistiger Natur zu finden.
Die körperlichen Leiden sind eine Folge von Überlastung der Organe, von abwegiger Betätigung unter Missachtung der von Natur jedem Menschen bewussten normalen Grenzen. Schamgefühl und Furcht vor Strafe hindern meist die Betroffenen, rechtzeitig einen Arzt zu fragen und Heilung zu suchen.
So kommt es, dass es gerade auf dem Gebiet der geschlechtlichen Erkrankungen für die Ärzte als Helfer der Menschheit so schwierig ist, rechtzeitig einzugreifen. Viele Erscheinungen auf diesem Gebiet könnten aber von vornherein verhindert werden, wenn eine geeignete Aufklärung in jungen Jahren Platz greifen würde.
Man lässt die junge Generation ungehemmt und sich selbst überlassen ins Leben stürmen und ist dann entrüstet, wenn man feststellen muss, dass sie auf Abwege geraten ist und allem Anschein nach verdorbener und schlechter ist, als die vorhergegangene war.
Die Menschen müssen sich im klaren darüber sein, dass Fehlentwicklungen ihnen selbst zur Last fallen und sollten ernsthaft darüber nachdenken, wie sie Abhilfe schaffen können. Nicht dann erst, wenn das Unheil schon eingetroffen, sondern vorbeugend mit Belehrung und gutem Rat aus eigener Erfahrung geboren. Dazu gehört natürlich der Mut, sich selbst zuzugeben, was man im eigenen Leben zu Unrecht erwartet und erhofft hat, wo Enttäuschung und Mutlosigkeit statt reiner Freude, Sicherheit und Ruhe ertragen werden mussten, weil man ein unrichtiges Lebensbild, eine - wie ich immer wieder betonen muss - ungesunde und unrichtige oder doch sehr mangelhafte Lebensauffassung hatte.
Lasst also das Wort Liebe nicht für ein Verhalten gelten, das nur sehr selten darauf aufgebaut ist! Beweist zuvor, dass ihr imstande seid zu opfern und zu verzichten, Freude aus Schmerz zu gebären und nicht aus triebhafter Begierde! Sie kann nicht von Dauer sein und Befriedigung für immer bringen.
III 41.2ff
Menschen, die an einem körperlichen Mangel, einer Fehlentwicklung leiden, Krüppel sind von Geburt an zum Beispiel, müssen sehr sorgfältig und liebevoll erforscht und geleitet werden. Nicht jeder leidet darunter, aber nur selten trifft es zu, dass ein Mensch sich so hoher geistiger Reife erfreut, dass er trotz des Vergleiches mit seinen normal gewachsenen und gesunden Mitmenschen seinen eigenen Mangel als etwas Selbstverständliches und eben Gegebenes ansieht und seinen Weg auf einem Gebiet sucht, auf dem die körperliche Behinderung nicht zur Geltung kommt. Meist aber leiden diese Menschen mehr oder weniger offen sichtbar und erkennbar.
Gerade solche aber, die sich besonders gleichgültig dagegen zeigen, sind oft am schwersten seelisch belastet. Wir sehen schon, dass es auch dafür kein untrügliches Zeichen gibt und nur ein ganz zartes Einfühlen in die Psyche des Menschen auf die richtige Fährte führt.
Lassen wir uns aber nicht abhalten, die Wege zu gehen, die dazu führen, auch solchen Menschen zu helfen, die nicht wie ein offenes Buch vor uns liegen! Gerade die Verschlossenheit soll uns reizen - ich meine uns Ärzte, die wir uns mit der Erforschung der menschlichen Psyche und des Geistes befassen - in die Geheimnisse jedes Einzelnen einzudringen und uns sein Lebensbild zu formen und zu gestalten. Gestalten nicht nur in unserer Auffassung, zur Bereicherung unseres Wissens, sondern gestalten im Sinne von Heilen und Befreien von drückenden Vorstellungen.
9.5ff
Schwerer ist es schon für den Erwachsenen, der in seiner Kindheit kein gutes Vorbild hatte und jede kleine Verfehlung schwer büssen musste. Bei solchen Menschen kommt es darauf an, ob die Anlagen und Erfahrungen aus früheren Leben dazu angetan sind, den richtigen Weg durch eine gütige Einstellung finden zu lassen, oder ob der Mensch, noch minder entwickelt in seiner seelischen Verfassung, für die ihm widerfahrene Unbill Rache nehmen will. Wie viele böse Taten und Verbrechen sind darauf zurückzuführen. Ich möchte sagen, fast alle.
Ich empfehle das Studium des Milieus, aus dem so ein Verbrecher kommt, und man wird diese Behauptung bestätigt finden. Wie schon betont, ist es die Schwäche der Seele, die nicht imstande ist, mit den negativen Einflüssen - und nur um solche handelt es sich - fertig zu werden und sich von dem ungesunden Milieu innerlich oder auch äusserlich frei zu machen. Es ist aber in keinem Fall mit Willkür zu solchen Konstellationen gekommen.
Zur Übersicht
Verwendete Textstellen aus Mediale Schriften, Dr. Karl Nowotny, Band I-VI
Verlinkung an die betreffenden Textstellen
nur bei berechtigten Zugang zum Buchinhalt!
Verwendete Textstellen aus Mediale Schriften, Dr. Karl Nowotny, Band I-VI
I 55.6, 56.2, 148.4ff, 151.2ff, 219.2, 223.1ff / II 9.5ff, 102.7f, 107.3ff / III 23.3ff, 41.2ff, 50.4ff, 54.2f, 135.3ff 163.2, 207.1ff / IV 145.5f / V 119.4ff, 120.1f, 128.6ff
III 23.2ff statt III 23.3ff