I 62.4
Man wird vor allem im Kind nicht mehr das ganz unerfahrene, unwissende und unreife Lebewesen sehen wie bisher, wodurch so vielen Kindern der Aufstieg und der Fortschritt auf dem vorgenommenen Weg verhindert oder erschwert wird. Mit Spannung und Neugier wird man beobachten, woher und wohin sich die Dinge, oder besser gesagt, die Fähigkeiten, entwickeln, und niemand wird den Geist des Kindes als einen Abkommen der Eltern mehr betrachten. Die Eltern haben die große und bedeutende Aufgabe, den ihnen anvertrauten Geist zu pflegen, für sein materielles Wohl zu sorgen und ihm alle Schwierigkeiten und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen. Das wird erst die ideale Bindung zwischen Eltern und Kind werden und nicht, wie man etwa entgegnen könnte, eine Entfremdung hervorrufen, weil die Erbtheorie so außer Kraft gesetzt wird.
I 148.4ff
Die Aufklärung muss schon frühzeitig beginnen, denn schon im Kindesalter erfahren viele Menschen von den außerirdischen Zusammenhängen. Der kindliche Geist ist aufnahmefähig und oft noch ohne reifes Urteil. Darum ist es Aufgabe der Eltern, in erster Linie im Kreise der Familie Gespräche über sensationelle Erscheinungen zu vermeiden, um das Kind nicht zu Nachforschungen und Neugier zu reizen. Trotzdem muss davon ausgegangen werden, dass eine vernünftige Aufklärung Platz greift, dass die Menschen frühzeitig lernen, sich den Kräften und damit meine ich nur die guten Kräfte aus dem All, zu öffnen und negative Einflüsse abzuwehren. Nicht jeder oder nur wenige Menschen bringen die Abwehr gegen üble Kräfte selbst mit. Sehr bald erkennen die Eltern, ob ein Kind aus eigenem Antrieb das richtige Verhalten findet oder ob es einer Hilfe und Stütze bedarf. Es ist natürlich auch dabei Voraussetzung, dass die Eltern eine einigermaßen gesunde Lebensauffassung besitzen und sich über Sinn und Zweck des menschlichen Daseins bewusst sind.
Alles, was ich darüber schon festgelegt habe, muss zu den Grundlagen in der Erziehung gehören und sich wie eine markante Linie durch jeglichen Verkehr mit dem zarten und noch unerfahrenen Kindergeist ziehen. Unerfahren jedoch nur in Bezug auf das materielle Leben und seine negativen Kräfte, denn Materie ist sozusagen die negative, gleich minderwertige, der Geist oder das geistige die positive Komponente im materiellen Bereich.
Ohne geistige Führung wäre die Materie tot und wirkungslos. Der Geist aber bedarf zu seinem Fortbestand nicht der Materie.
Wo soll also der Unterricht oder die Erziehung beginnen? Am besten dort, wo ein Geistwesen das Licht der Welt erblickt. Aber nicht an ihm, sondern an seinem Milieu, in das er hineingeboren wird. Die Menschen zeugen Kinder und sind sich selten der großen Verantwortung und der Pflichten bewusst, die sie damit auf sich genommen haben.
Die Fortpflanzung der Menschheit liegt in den göttlichen Gesetzen begründet und ist ein heiliger Akt. Wie schon festgestellt, kommt jeder Geist aus freiem Willen in diese Welt zurück, um dem Fortschritt zu dienen und nicht nur für sich selbst, sondern für die gesamte Menschheit. Ich will bewusst die Richtung nach dem Guten hervorkehren, weil die Richtlinien für eine geeignete Erziehungsmethode diese Tendenz allein ins Auge fassen müssen.
Wenn also zwei Menschen den Bund der Ehe eingehen, müssen sie sich im klaren sein, welche Folgen, welche Aufgaben und welche Freuden damit verbunden sein können. Hier müsste vorerst die Erziehung einsetzen.
I 219.2
Und so wie es im Gerichtswesen zu einer Umstellung in diesem Sinn kommen muss, so muss schon in der Erziehung des Kindes eine Auffassung sich durchsetzen, die diesem Grundgedanken gerecht wird. Ich meine den Grundgedanken von der Lenkung und Leitung zum Guten nicht durch Züchtigung und Strafen, sondern nur mit Liebe und viel Geduld, mit Einfühlung in die Psyche des Kindes oder jungen Menschen, der seinen Eltern und Erziehern anvertraut ist. Ich will ja nur meinem Gefühl Ausdruck verleihen, dass alle Menschen auf Liebe und Güte reagieren und das Gefühl der Dankbarkeit und damit der Reue in ihnen geweckt wird, anstatt sie durch Strafen und Absonderung von der menschlichen Gesellschaft noch mehr zu degradieren, als sie es schon selbst durch ihre ungehörige Tat empfinden. Macht euch, meine verehrten Richter und auch Ärzte, die diese Zeilen lesen oder hören, vertraut mit den Methoden und Behelfen, die schon in der Individualpsychologie begründet sind, und bemüht euch, in diesem Sinne eure Mitmenschen zu beurteilen und ihnen weiterzuhelfen auf dem für viele so schweren Lebensweg.
I 228.2ff
Heute will ich fortsetzen, wo wir gestern geschlossen haben. Es ist das Thema Verstehen und ich möchte damit verbinden das Verzeihen. Es spielt im Leben der Menschen die größte Rolle und beeinflusst die Seele in einem Maße, wie es die Menschen kaum erkennen können.
Jede Verzeihung, die wir einem irrenden Menschen von Herzen angedeihen lassen, bringt ihn um einen Schritt weiter. Verstehen und Verzeihen liegen nahe beisammen, denn eine Fehlhaltung verstehen, heißt zugleich sie verzeihen. Hat ein unrichtiges Verhalten seine Begründung gefunden, dann gibt es nur ein Verzeihen dafür.
Der Fehler, den die Menschen begehen, liegt vor allem darin, dass sie der Meinung sind, jede unrechte Tat müsse gesühnt und bestraft werden. Was will man denn damit erreichen? Doch eine Besserung des Verirrten und Fehlenden, wenn es nicht Rache sein soll für einen zugefügten Schaden. Ich brauche dazu kaum etwas zu sagen, wenn diese Zeilen an guten Willen gerichtet und mit solchem aufgenommen werden, denn da ist Rache ein Begriff, der gewiss nicht anerkannt wird für die Entwicklung der Menschheit.
I 232.3ff
Wieviel mehr muss dieser Weg beschritten werden in der Erziehung der Kinder, die, in ein Milieu geboren, unerfahren und unreif, gezwungen sind, sich gegen alle Anfechtungen des irdischen Daseins zur Wehr zu setzen. Auch sie müssen in frühester Kindheit lernen, verstehen und verzeihen. Aber auch nicht nur in Bezug auf ihre Umgebung, sondern insbesondere sich selbst gegenüber. Wie dankbar ist ein Kind, das einem nach Meinung der Eltern und damit nach seiner eigenen - ich möchte sagen - ihm eingegebenen Meinung sieht, dass ein begangener Fehler nicht beachtet wird. Es weiß genau, dass es so oder so nicht sein soll oder dass eine Handlungsweise verboten ist, aber es wird nicht davon abgehen, wenn es kritisiert und bestraft wird - es sei denn, dass Rabeneltern, wie man fälschlich sagt, so drakonische Methoden an den Tag legen, dass die Angst vor qualvoller Strafe darauf verzichten lässt - und wird bei jeder Gelegenheit bemüht sein, sich nach eigenem Gutdünken zu verhalten. Denn auch ein Kind hat einen freien Willen und muss ihn erhalten, ungehindert bis an sein Lebensende.
Das wird den Eltern leicht gelingen, wenn sie nur mit Verstehen und Verzeihen ihrem Kind entgegenkommen, ihm Freiheit im Denken und Handeln gewähren und sich darauf beschränken, es zu pflegen und zu ernähren, es vor Gefahren zu beschützen und sich bemühen zu ergründen, in welcher Richtung die Fähigkeit gefördert und geweckt werden können.
Ich sagte schon einmal, dass es eine große, heilige Aufgabe ist, zu der die Eltern in ausreichendem Maß unterrichtet werden müssten. Freilich ist es heute noch nicht so weit auf der materiellen Welt, dass man von jedem Elternpaar erwarten könnte, dass es sich der Erziehung der Kinder in der geschilderten Weise annehmen wird.
II 25.4f
Ich wollte aber nicht so sehr davon sprechen als von der Art der Selbsterziehung, die nicht nur einen Fortschritt im geistigen, sondern auch im materiellen Sinn also die Meisterung von Aufgaben, die mit geistigem Fortschritt nichts zu tun haben - bringen kann.
Ich muss aber dazu auch vor allem herausheben, dass es die Aufgabe der Eltern ist, die Kinder zur Selbsterziehung anzuregen. Allein das Vertrauen, dass man ihnen die Entscheidung über ihre Handlungsweise selbst überlässt, erzeugt großes Selbstvertrauen, und das allein bedeutet schon einen großen Fortschritt im Werdegang eines jungen Menschen. Ganz besonders aber erzeugt es ein gesteigertes Vertrauen zu den Eltern, die nicht nur mit Befehl und Strafe die richtige Einstellung des Kindes zum Leben und seinen Aufgaben erzwingen. Sie werden auf diese Weise am besten zu den Vertrauten und Freunden der Kinder, und diese werden den Weg zu den Eltern finden, wenn sie aus eigenem Urteil und Denkvermögen nicht die richtige Entscheidung in ihren Lebensfragen finden können.
II 92.2
Der größte Fehler, der in dieser Hinsicht heute noch vielfach begangen wird, ist die unrichtige Vorstellung vom Sinn der Erziehung. Ein Kind ist immer bestrebt, die Erwachsenen nachzuahmen, ihre Gewohnheiten zu kopieren, ihre Sprache zu lernen. Es ist so aufnahmefähig wie kein Erwachsener sich vorstellen kann, und entsprechend der Reife des in ihm wohnenden Geistwesens erzeugt jeder Eindruck eine ganz prägnante Vorstellung. Das ist in gutem Sinn sehr wertvoll, bei schlechter oder nur unbedachter Umgebung auch gefährlich. Gefährlich in Bezug auf den Fortgang der Entwicklung; darum sollen Kinder nicht in Gesellschaft von vielen Menschen aufwachsen, sondern hauptsächlich im Kreis der Familie die Möglichkeit haben, sich ihrer Kräfte langsam bewusst zu werden.
IV 112.2ff
So wie im irdischen Dasein zum Beispiel Eltern davon überzeugt sein können, dass sie jeden Schritt ihres Kindes behüten und bestimmen müssen, so gibt es Geistwesen, die von dieser Auffassung nicht lassen wollen und aus dem außerirdischen Bereich alle Anstrengungen unternehmen, auch weiterhin das noch im Irdischen weilende Kind zu lenken und zu führen.
Das gelingt ihnen natürlich umso leichter, als ja das Kind, in Unselbständigkeit groß geworden sich mehr oder weniger willenlos den fremden Einflüssen öffnet.
Es kann ein solcher liebevoller Einfluss wohl unter Umständen dazu beitragen, dass das Kind ohne große Schwierigkeiten seine Lebensbahn vollendet, niemals aber wird dies zu seiner geistigen Entwicklung beitragen und einen Fortschritt oder eine Hilfe bei der Bewältigung des mitgebrachten Programms bedeuten.
Menschen, die nach dem Ableben ihrer Eltern nicht aufhören können, in Trauer und Tränen den Verlust zu beklagen, ziehen oft selbst die in solchen Fällen negativen Kräfte an und versäumen damit die Zeit zu eigener geistiger Entwicklung.
IV 172.5ff
Die Seele eines Kindes ist ein unendlich zartes Instrument, und wenn ein Kind sich unrichtig nach Meinung der Umgebung verhält, dann sollte zuerst nach der Ursache gesucht werden, bevor das Maß an Strenge zum Einsatz gebracht wird, das wohl den Widerstand oder die Unart beseitigt, aber mehr zerbricht als aufbaut.
Ein übermüdetes Kind findet oft nicht mehr den richtigen Ton, wie er im Rahmen seiner Gemeinschaft üblich ist. Ein Kind, das für seine Begriffe etwas Enttäuschendes oder Böses erlebt oder erfahren hat, sucht sich davon durch Übertreibung und ausfallendes Verhalten zu befreien. Großes Verständnis, Verstehen und Verzeihen gehören dazu, den Schaden auszumerzen anstatt noch zu erhöhen, denn das Kind fühlt sich in seiner Reaktion im Recht, wenngleich es nicht bedenkt, dass seine Umgebung es nicht erfassen kann, ohne von der Ursache in Kenntnis zu sein.
Kleinste Ursachen können schwerste Folgen nach sich ziehen und Ratlosigkeit ist dann das Ergebnis.
Solcherart gestörte Kinder sollen nicht fremder Behandlung anvertraut werden, ohne dass die Liebe der Eltern den Ausschlag geben kann.
V 81.2f
Immer wieder möchte ich betonen, wie wichtig es ist, schon im Kindesalter das Selbstvertrauen zu stärken, gegen Gefühle des Versagenmüssens und der Minderwertigkeit anzukämpfen, die Selbstverantwortung vorzuleben und Frohsinn und Heiterkeit zur Grundlage des täglichen Lebens zu machen.
Menschen, die in dieser Weise zur Eigenpersönlichkeit heranreifen, sich ihrer geistigen und seelischen Kräfte bewusstwerden, sind gewiss nicht anfällig für Depressionen und die daraus so leicht resultierenden Folgen.
V 144.3ff
Darum die Forderung: Lasst eure Kinder leben, zwängt sie nicht in den nach eurem Gutdünken richtigen gesellschaftlichen Rahmen, seid ihnen Freund und Helfer mit Verstehen und Verzeihen, wie ich schon mehrfach betont habe.
Aus allem, was ich bisher gebracht habe, könnt ihr ersehen, dass die Umerziehung der Menschheit schon im Kindesalter beginnen muss. Freilich bedarf es dazu richtig geschulter und erzogener Erwachsener, die die Fähigkeit besitzen, ihre Erfahrungen und Erkenntnisse weiterzugeben.
Und weil wir schon von der Erziehung der Kinder sprechen, glaube ich noch darauf hinweisen zu müssen, dass auch sie in ihrer Psyche gestört sein können von fremden Kräften.
Die heute noch herrschende Vererbungstheorie, die in der rein animistischen Auffassung die einzig mögliche Erklärung ist für Ähnlichkeit oder Übereinstimmung der Kinder mit ihren Vorfahren in Bezug auf auffallende Charaktereigenschaften und Gewohnheiten ist noch ein Hindernis, das in der Beurteilung der Veranlagung eines Menschen erst überwunden sein muss, bevor man negativen Einflüssen schon im Kindesalter begegnen und positive als das wird bewerten, pflegen und in angemessenen Grenzen akzeptieren können, was sie wirklich sind.
V 156.6f
Darum habe ich schon darauf hingewiesen und dringend empfohlen: Macht aus euren Kindern keine Paradepuppen, die plumpe Höflichkeit höher zu schätzen lernen als ehrlich gezeigte Sympathie und Abneigung. Und seid ihr Erwachsene in einem Milieu aufgewachsen, das solche -ich will es geradeheraus sagen - Scheinheiligkeit zur Grundlage der Erziehung hatte, dann beeilt euch, umzulernen und alles zu vermeiden, was zu Unehrlichkeit verleitet.
Damit will ich nicht etwa sagen, dass man wie ein kleines, unerfahrenes Kind offen jede Meinung zum Ausdruck bringen soll. Es genügt, wenn man unterscheiden lernt und sein Verhalten darauf abstellt, wie weit man, ohne sich selbst etwas zu vergeben, unter Ausschaltung aller Berechnung gradlinig bestehen kann vor seinem eigenen Gewissen.
Zur Übersicht
Verwendete Textstellen aus Mediale Schriften, Dr. Karl Nowotny, Band I-VI
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Kindererziehung
- Anregung zur Selbsterziehung II 25.5f
- Aufgaben der Eltern in der I 62.4ff
- Depression und V 81.2f
- die zu Besessenheit führen kann IV 112.2ff
- Grossfamilie ist ungünstig II 92.2
- Grundregeln der I 219.2 / V 144.3ff, 156.6f
- nach Ursachen suchen IV 172.5ff
- s.a. Erziehung
- über Geisterverkehr I 148.4ff
- Verstehen und Verzeihen in der I 228.2ff, 232.3ff
- Wichtigkeit in der V 81.2f