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BERUF / BERUFUNG

BERUF / BERUFUNG

EINLEITUNG

I 55.3
Wie arm müssten wir uns dünken, wenn wir wüssten, dass wir nur das erreichen können, was wir in der kurzen Zeitspanne unseres Lebens im­stande sind, zu vollbringen. Ein gestecktes Ziel zu erreichen, ist der Wunsch jedes strebsamen Menschen. Wie we­ni­gen ist es aber gegönnt, im gegenwärti­gen Erdenleben das Ziel wirklich zu errei­chen. Kein wahrhaft gegen sich ehrlicher Mensch wird das behaup­ten, ich meine, wird in dem Gefühl am Ende seines Lebens ste­hen, dass er alles erreicht hat, was zu erreichen war. Es sei denn, er hat die Fä­hig­keit, sich selbst zu belügen. Ich will damit vor Augen führen, wie trostlos doch das Erdenda­sein wäre, wenn jeder das Ge­fühl hätte oder ha­ben müsste, dass er nie­mals mehr als das er­reichen kann, was ihm im Augen­blick - denn das Erdenleben ist nur ein Augenblick - mög­lich ist. Wie arm wäre die Welt, wie sinnlos!

III 107.1f
Die viel zu rasche Entwicklung der Technik mit ihrer unpersönlichen und - ich will sagen - überheblichen Einstellung zu den ausserhalb der irdischen Welt herr­schenden Mächten verursacht eine Geringschätzung des mensch­lichen Daseins. Sie bringt eine weitgehende Verneinung der ewigen Werte und der für Seele und Geist so unerlässlichen Verbundenheit mit der göttlichen Allmacht mit sich, so dass zu befürchten steht, dass eines Tages alle diese Errungenschaften, die der grossen allumfas­senden Liebe entbehren, weil sie ohne Rück­sicht auf die Gemeinschaft geschaffen sind wieder dem Untergang geweiht sein werden.
Es ist wahrhaftig ein Frevel zu nennen, dass geistige Fähigkeiten in so unbedachter Weise nur zur Befriedi­gung von Machtgelüsten auf allen möglichen Gebieten genutzt werden. Die Bescheidenheit ist es, die die Menschen vergessen haben und die der Leitstern sein sollte bei allen Unternehmungen, gleichgül­tig auf welchem Gebiet.

RECHT AUF BERUFLICHE ARBEIT UND DIE ARBEITSBEDINGUNGEN

III 105.6ff
Jeder Mensch hat seine eigene Vorstellung von den Pflichten und Rechten und ist bestrebt, sie seinem eigenen Wesen entsprechend zu bewältigen. Es ist nicht möglich, eine Form dafür zu nennen, wie es dem Einzelnen angemes­sen wäre, die rechte Einstellung zu finden, da es nicht zwei Menschen gibt, die in ihrer geistigen Entwicklung restlos vergleichbar sind. Eines aber ist für alle gleich: die Notwendigkeit, durch Lei­stung und Arbeit sein Anrecht an den irdischen Gütern zu verdienen, sich seinen Kräften und Fähigkeiten entspre­chend zu bewähren und nicht die Mitmenschen dazu zu zwingen, ohne eigene Leistung für andere einzustehen ohne Notwendigkeit und Recht. Ich muss leider feststellen, dass es auf der ganzen Welt noch sehr viele Menschen gibt, die in Sklaverei leben, wenn auch der Name oder die Bezeichnung nicht mehr gebraucht wird. Es kommt nicht darauf an, wie man eine Methode nennt, sondern nur darauf, welche Wirkung ihr zu­kommt; und das ist eine trauri­ge, wenn man die vielen Einrichtungen auf der ganzen Welt betrachtet, die nur mit Menschen­kraft, unter Missachtung der persönlichen Freiheit des Individuums zum Nutzen einiger Weniger aufgebaut werden. Immer ist es die unrichtige Ein­stellung zur Materie, die Sucht nach Besitz und Macht, die die Menschen zu Unmenschen werden lassen. So im grossen be­trachtet in der Wirkung auf die Masse, die Gesamtheit oft eines ganzen Volksstammes.
Wie aber die unrichtige Einstellung zur Gesamtheit nicht den dauernden Erfolg bringen kann, so auch im Leben des Einzelindividuums, das die richtige Einstellung zu seinem Ar­beits- und Berufsgenossen nicht finden kann. Es darf im Berufsleben nicht Untergebene und Vor­gesetzte geben, die sich nicht auf mensch­licher Ebene und abgesehen von der unter­schiedlichen beruflichen Leistung ebenbürtig gegenüberstehen.
Unterordnung in beruflicher Hinsicht darf nicht zu Unterwürfigkeit ausarten und darf auch nicht von der höher stehenden Führer­kaste gefordert werden.
Wo ein ungleicher Massstab bei der Bewertung des Menschen, ausgehend von Abstammung und sogenannter höherer Bildung angelegt wird, kann keine Harmonie und damit auch kein echter Fortschritt erwartet werden. Es ist eine Hauptregel für das Zusammenleben im Beruf, dass die Achtung und Beachtung der Persönlich­keit jedes Einzelnen gewahrt sein muss, will man erwarten, dass die Leistung den gewünsch­ten Erfolg bringt. Auch auf diesem Gebiet ist die Hilfe des ausser­irdischen Bereichs nicht ohne Bedeutung und ein hoher Vorgesetzter, der sich in guter Umgebung von helfenden Geistern fühlen darf, wird kaum Feinde in seinem Unternehmen finden.

II 146.3ff
Hat man in seinem Beruf als Unterge­bener einen Vor­gesetz­ten, zu dem man in gutem Ein­verneh­men steht, ganz abgesehen von der notwendigen beruflichen Eignung, dann wird man Freude zur Arbeit empfinden und seine ganze Kraft gerne ihm zuliebe einsetzen, immer bemüht, zu seiner Zufrie­denheit zu arbeiten. Nicht so im umge­kehrten Fall, ich meine bei fühlbarer Abnei­gung. Woher kommt sie aber, wenn materielle Ursachen, ich meine finanzielle Befrie­digung und Einsatz an der geeigneten Position nichts zu wünschen übriglassen? Einfach aus persön­licher Abnei­gung, für die man meist keine Ursache anführen kann. In diesem Fall liegt eben eine Divergenz in der Ausstrah­lung vor, das heisst, die beiden in Arbeit verbundenen Menschen finden keinen innerlichen Zusammen­hang oder Kontakt und doch wäre er zur Erlan­gung wahrhafter Er­folgs für beide Teile von grösster Wichtigkeit.
Darum sollte jeder, der eine Position sucht, eine be­rufli­che Tätigkeit in abhängiger Stellung ausüben will sehr genau prüfen, ob es ihm auch Freude bereiten wür­de, für den oder die Vor­gesetzten zu arbeiten. Nicht nur für Entloh­nung, sie ist sicher am nebensächlich­sten, wenn auch die Menschen heute noch die materielle Befriedi­gung, den Verdienst, als Gradmesser für die Güte einer Stellung betrachten. Nicht alle, denn es wäre trostlos und hoffnungslos zu nennen, wenn wirklich jeder nur auf die Brief­tasche allein sehen wollte und seine Leistung und die Freude daran unbedeutend und unter­geordnet wären.
Wie viele Menschen verzichten auf materiellen Vorteil und Genuss, weil ihre Arbeitsleistung, die sie über alles lieben, ihnen höher steht, obwohl sie nur ein kärgliches Leben dabei fristen können. Das nennt die Welt ungesunden Idealismus und man ist im all­gemeinen der Auffassung, dass diese Art von Menschen als untüch­tig und unklug zu bezeichnen ist.

BERUF DES MENSCHEN

II 34.1
Die Individualpsychologie stellt drei Bereiche als rich­tungs­weisend für die Menschenkenntnis auf: Ehe, Beruf und Freund­schaft. Ich muss wie­derholen, dass diese Rahmen­gebung auf dem grossen Irrtum beruht, der heute noch in der Wissen­schaft so hem­mend wirkt, nämlich die An­sicht oder der Glaube, der Mensch sei nur einmal im materiel­len Be­reich und habe daher alle Vorausset­zungen zur Erfüllung des Idealbil­des eines Menschen, wie es eben die materielle Leben­sauffassung ver­langt, anzustreben.

II 37.1
Ein Mensch, mit einem Beruf, der ihm von seiner Umge­bung aufgezwun­gen wurde, der seinen mit­ge­brach­ten Fä­hig­kei­ten völlig oder weitgehend wider­spricht, wird so lange unbefriedigt und unglücklich sein, bis man ihm aus der Sack­gasse heraushilft oder er eine seiner wah­ren Beru­fung ent­sprechende Neben­beschäfti­gung gefun­den hat.

II 49.3ff
Und nun zum Beruf. Das ist ein gro­sses und sehr heikles Kapitel. Für mich deshalb, weil ich von hier aus als Beruf nur sehe und anerkennen soll, was zugleich Beru­fung bedeu­tet.
Im menschlichen Dasein gibt es aber viele Berufe und Betätigungen - möch­te ich sagen - die mit Berufung nich­ts zu tun haben und nur der Erhal­tung der Existenz in rein materiel­lem Sinn dienen. Diesen Unterschied genau zu erkennen, ist sehr wichtig und notwendig zur Beur­teilung des menschlichen Charakters, der geisti­gen Reife und eben der Persönlich­keit schlechthin.
Daß ein Mensch in seinem von ihm gewählten oder ihm aufgezwunge­nen Beruf Erfolge erzielt und grosse Fort­schritte macht, ist noch lange nicht der Beweis dafür, dass er sei­nen Beruf richtig gewählt hat. Wohl glauben die Menschen, dies sei der Fall, wenn sie materielle Güter anhäufen, reich und materiell un­abhängig sind. Ich habe meinen Beruf richtig gefunden, denkt jeder, der so in der Lage ist, sorgenfrei dur­chs Leben zu gehen. Ist er aber alt und nicht mehr im­stande, weitere Reichtümer hinzu zu erwer­ben, dann ist er unbefriedigt, weil sein gan­zes Glück nur in der Anhäufung der Güter und des Reich­tums bestand, nicht aber - und das ist in den meisten Fällen so - in der richtigen gott­gewollten Nutzung. Dann erscheint ihm aller Erfolg seines Lebens klein und unbedeutend und der erkennt, dass das, was er seinen Beruf genannt hat, eine ganz unwich­tige, wertlo­se Betätigung gewesen ist. Dann ist es aber zu spät. Ein Beruf, in dem der Mensch nicht die Möglichkeit hat, zum Wohl der Gemeinschaft zu arbeiten und Leistun­gen zu vollbringen, ist keine Beru­fung und daher höchstens als Neben­beschäftigung im Sinne des geistigen Fortschritts zu bezeichnen.
Die Berufung ist das schönste Ges­chenk des Himmels, eine Gnade, der sich jeder in grosser Dankbarkeit bewusst sein soll, der sie in sich fühlt. Sie kann, wie ich schon einmal ausgeführt habe, nicht erlernt oder er­zwungen werden, sie muss verdient sein durch gute Taten.
Ich will davon später noch etwas schreiben, jetzt aber noch zum Thema Beruf ergänzen, was ich für wichtig halte. Ein Beruf, der dem mens­chli­chen - oder besser gesagt - geistigen Fort­schritt nicht dienen kann, weil er in jeder Hinsicht nur auf Materie abgestellt ist, kann keinen Menschen befriedigen. Es gibt aber nur wenige solche Berufe. Es sind die, die zum Schaden der mensch­lichen Gesellschaft ge­schaffen wurden, die nur materiellen Genüssen dienen, ohne Schönheit oder Wohl­laut zu ver­mit­teln. Fast alle übrigen Berufe er­mögli­chen das Gefühl der Zweckmässig­keit und Notwendig­keit der Betäti­gung und - mit der rechten Le­bensauf­fassung erfüllt - geben sie dem Men­schen Befriedigung und inne­re Ruhe.
Jede Arbeit, die nur der materiellen Vorteile, des Ver­dienstes und Ein­kommens wegen gelei­stet wird, ist für den geistigen Fortschritt wert­los und mag sie noch so fortschrit­tlich erschei­nen.
Ich will damit für den Einzelnen herausstellen, dass es notwendig ist, klar zu erkennen, ob der Beruf Freu­de und Befriedigung bietet. Muss das verneint werden, dann ist es an der Zeit, eine Beschäftigung nebenbei zu wählen, die diesem Erfordernis ge­recht wird. Das hat man schon weit­gehend erkannt. Denn die Unzufriedenheit der Massen ist darauf zurückzuführen, dass die Menschen in ihrer Arbeit keine innere Befrie­di­gung finden und mangels einer geeigneten Betäti­gung auf einem anderen Gebiet beginnen, sie mit anderen zu vergleichen und alle Nach­teile ihres eigenen Lebens dem so sehr belas­tenden Berufsleben zuschreiben. Dass die Ursa­che in ihnen allein liegt, das wollen sie nicht erkennen.

II 51.4
Ob also ein Mensch im Beruf seinen Mann stellt und nach Ansicht der Individual­psychologen den Erforder­nissen für ein Idealbild gerecht wird, ist nicht so leicht zu erkennen, wie man bisher dachte. Man war bisher ge­neigt, nur den materiellen Erfolg als Massstab zu nehmen und musste oft feststellen und recht verwundert erken­nen, dass trotzdem solche erfolgreiche Menschen höchst unzufrieden und unbefriedigt waren. Man war geneigt, diesen Mangel auf einem anderen Gebiet zu suchen und zu sagen, daran könne nicht der Beruf schuld sein, son­dern vielleicht die nicht ganz geordnete Ehe oder die Freundschaft, die ver­nachlässigt war wegen der berufli­chen Überbelastung. Das ist meist verkehrt. Die Ursache liegt einfach darin, dass der Beruf, beim Mann als das Wichtigste betrachtet, nicht richtig gewählt war und der nötige Ausgleich in einer besseren, erfolg­rei­cheren Betätigung - natürlich erfolg­reich nur in geistiger Betrachtung - gefehlt hat.

Bei der Beurteilung der Persönlichkeit muss also erst erkannt werden, ob der Beruf die Erfüllung und in wel­chem Grad er eine solche bringt. Nach dem Grad der Befriedi­gung, nicht der ausgesprochenen, sondern der einwand­frei vorge­lebten, mag man dann die Per­sönlich­keit be­werten.

III 107.3f
Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass also für den berufstätigen Menschen die Notwendigkeit einer gesun­den Lebensauffas­sung, das Bewusstsein und die klare Vorstel­lung vom Sinn und der Notwendigkeit seiner Leistung bedacht werden müssen, wenn er in seiner Tätigkeit Befriedigung und Freude finden will.
Eines muss dazu noch gesagt werden: Der Beruf ist nur selten eine Berufung, besonders nicht für Menschen, die in untergeordneter Position nur manuelle, mechanische Arbeit leisten. Sie können niemals die Befriedigung darin finden, die die Seele und der Geist zu ihrem Fort­schritt und ihrer Entwicklung brauchen. Da ist es - wie ich schon einmal sagte - notwendig, eine Betätigung ausserhalb des Berufes zu finden, die das ersetzt, was der Beruf an Leere und Eintönigkeit bringt. Aber das Bewusstsein, dass die berufliche Leistung die Möglichkeit gibt, einen bestimmten und ange­messenen Lebens­standard zu pflegen, muss das Pflicht­bewusstsein begrün­den und Befriedigung darüber bringen, dass der Lohn der erbrachten Leistung entspricht und nicht unverdient empfangen wurde. Pflicht­bewusstsein macht stark und frei und begründet das Recht auf Frohsinn und Freude. Keine Arbeit hat den Erfolg für sich, die freudlos geleistet wird. Alle Anstrengungen, und sind sie noch so unbeachtet geblieben, bringen Segen, gleich­gültig wann und in welcher Form.

BERUFSWAHL

II 67.6
Die Menschen wissen ja nicht von vornherein, was ihre Aufgabe ist und nur wenige erfühlen es frühzei­tig. Durch richtige Leitung in jungen Jahren kann da viel geholfen und mancher Fehlgriff vermieden werden. Es ist also not­wendig, zu entscheiden, wel­chen Beruf man er­greifen oder welcher Berufung man folgen will, um der Menschheit dienlich zu sein.

II 68.1
Steht kein Beruf zur Wahl, der die Absichten in dieser Hinsicht befriedigen könnte, wenigstens anscheinend und nach kurzem Hinsehen, so mag man ruhig einen banalen, gleichgültigen, nur die Existenz erhaltenden Beruf wählen und warten, bis die richti­gen Aufgaben zu­ge­bracht werden, die mit dem Beruf gar nicht verbunden sein müssen.

II 129.2
Es müsste daher eine Möglichkeit gegeben sein, den Beruf ohne grossen materiellen Schaden zu ändern. Das wird dort sicher der Fall sein, wo die äusseren Einflüsse nicht so hemmend und hindernd im Wege stehen. Selten aber finden die Menschen, die erkennen, dass sie das Ziel ver­fehlt haben einen geeigneten Ausweg. Ist aber ein Mensch, wie man sagt, zum Lehrer und Erzieher gebo­ren, dann wird er, wie der Mann der Wissenschaft seinem Amt getreu und seiner Berufung auf dem in einem frühe­ren Leben begonnenen Weg Fortschritte machen.

II 137.3ff
Ich will ein ganz konkretes Beispiel bringen: Ein jun­ger Mann, der schon in der Schule unter den Kameraden Hilfsbereitschaft und Güte beweist, hat sicher in ver­gangenen Leben eine Berufung zu einer Lebensform ge­zeigt, die diese Eigenschaften zur Grundlage hat. Die Erzieher müssten nun im Laufe der Jahre, in denen der Junge ihnen anvertraut ist, fest­stellen können, zu wel­chem Beruf diese Eigenschaften hinnei­gen und ob die geistigen Fähigkeiten auch vorhanden sind, die dazu erforderlich wären. Es ist nicht immer leicht, das festzu­stellen, weil - wie wir wissen - mannigfache äussere Einflüsse das wahre Bild ver­dunkeln können.
Es wird in dieser Richtung schon viel Ernsthaf­tes un­ternommen und manche Erfolge sind den psycholo­gischen Untersuchungen in dieser Richtung schon zuzuschreiben. Die Gesichts­punkte aber, unter denen diese Beurteilun­gen erfolgen, sind nicht immer voll­kommen und richtig. Manches hat der junge Mensch in der Jugend durch Vor­bilder und Erziehung sich angeeignet und damit seine wahre Veranla­gung und vielleicht Berufung zurückge­drängt. Viel­fach entsteht dann in späteren Jahren ein Zwiespalt im Inneren und Unzufriedenheit mit dem er­wählten Beruf, weil, wie man dann er­kennen muss, die Entwicklung stehenbleibt und geradezu verkümmert, da die grundlegenden Voraus­setzungen fehlen. Dann entsteht die sogenannte Neben­beschäftigung, die für den Fort­schritt des Men­schen beziehungsweise des Geistwesens die weit wichtigere ist als der Beruf.

BERUFUNG

II 74.2f
Ich habe schon einmal den Unterschied zwi­schen Beruf und Berufung klarge­stellt und will nun ver­suchen, den Sinn einer Berufung zu charak­terisieren. Berufung ist Auftrag, gege­ben von einer geistigen Höhe, die wir nicht einmal hier noch imstande sind zu erschauen. Beson­dere Fähigkeiten auf einem Gebiet sind Voraus­set­zung, aber nur Fähigkeiten, die dem Nutzen der ganzen Menschheit dienen können.
Keineswegs gehören dazu solche, die nur der Habgier oder Machtgier dienen, die rein körper­lichen Ur­sprungs und nur auf Genuss in materi­ellem Sinn gerichtet sind. Sie sind wertlos, da sie für niemand, weder für den Ausübenden noch für die Geniessen­den, einen geistigen Fortschritt bedeuten können.
Berufung setzt noch nicht eine wesentlich höhere Reife in der Entwicklung voraus. Auch darin gibt es Anfänger, die erst langsam in wiederholten Inkarnatio­nen eine Höhe errei­chen, die sie über die Allgemeinheit hinaus­hebt. Ich will in erster Linie von der Berufung zum Arzt und Helfer der Menschheit sprechen und da beson­ders von meinen eigenen Erfah­rungen ausgehen, die ich zwar im irdischen Dasein nicht gegenwärtig hatte, zu­mindest nicht bewusst, die ich aber heute, auf einer höheren und freieren Warte stehend, viel besser und richtig über­blicken kann. Ich will damit Dinge - ich möchte sa­gen - verraten, wenn auch mit Erlaubnis, die zur guten Ein­stellung in Beruf und Berufung beitragen können.

III 176.3
Berufung ist eine göttliche Gabe und Aus­zeich­nung, die verpflichtet und mehr Kraft und Einsatz des Geistes und der Seele erfor­dert als eine materielle Betätigung. Der Rahmen, in dem der Berufene zu arbeiten hat, ist ein weiter und hat nicht materielle Gren­zen. Das ist der grosse Unterschied zwischen Beruf und Berufung, wor­über ich an anderer Stelle schon gesprochen habe. Damit will ich für heute schliessen und morgen neue Begriffe erörtern, die zur Findung und Bewältigung des Lebens­programms von Bedeutung sind.

BERUFUNG UND MEDIALITÄT

I 183.1
Die medialen Betätigun­gen und die Berufung dazu ist ein wichtiges Kapitel. So wie ein Arzt fühlt, dass er zu seinem Beruf be­rufen ist, so empfindet es auch das Medi­um, ohne seine Fähigkeiten noch zu ken­nen. Glaubt jemand auf Grund einer höheren Beru­fung sich damit be­fassen zu dürfen, so kann er die Richtig­keit dadurch erkennen, dass Ruhe und Ausgeglichen­heit sein Gemüt erfül­len und alle Gereizt­heit und Nervosi­tät von ihm wei­chen. Schafft es ihm aber Unruhe, Erregung und Störungen in der Ge­dankenar­beit, dann ist die Betätigung nicht zu em­pfehlen, vielmehr unbedingt zu unterlassen. Es spielt bei der Wahl eines Medi­ums für Mitteilungen aus dem Jenseits keine Rolle, ob ein Mensch eine geistige Bildung im ir­di­schen Sinn aufzuwei­sen hat. Massgebend sind einzig und allein seine seelische Ver­fas­sung, seine mehr oder we­niger vollkom­me­ne Ausgeglichen­heit und seine innere Reife, das heisst die Entwick­lung des in ihm woh­nenden Geistwesens.

I 185.3
Immer wieder muss ich betonen, dass es nur auf solche Menschen bezogen ist, die sich ihrer grossen Aufgabe schon bewusst sind. Solche Berufung kann man nicht erwerben noch er­zwin­gen, sie muss aus dem Jenseits kommen und zutiefst empfunden werden. Kein Mensch kann an der Richtigkeit seines Auf­trages zweifeln, keiner kann sich einen solchen anmassen, keiner braucht zu besor­gen, seinen Auftrag nicht zu erkennen, denn mit zweifelsfreier Deutlichkeit wird jeder dazu hingeleitet, und nur dann ist eine solche Lenkung gottgewollt und er­laubt, wenn sie ohne jede Störung des täg­lichen Lebens und der Gesundheit vor sich geht.

I 221.3
Wir müssen nun bedenken, dass wir in dieser Zeitrechnung noch sehr wenige Menschen fin­den, die es mit Bewusstsein tun und, ich möchte sagen, die Stimme des Innern erfor­schen nach dem Programm, das sie mitgebracht haben. Es sind meist nur diejeni­gen, die eine Berufung fühlen und sich ihr nicht entziehen können und natürlich auch nicht wollen, weil der freie Wille von vornherein darauf einge­stellt war. Solche Berufene werden auch durch noch so starke materielle Ein­flüsse nicht davon abgehal­ten und gehen unbeirrt ihren Weg, und wenn er noch so steinig ist. Gerade die Schwie­rigkeiten, die in den Weg gelegt werden, veranlassen meist zu erhöhten An­strengun­gen und führen deshalb zu grösseren Erfol­gen als ein beque­mer Weg und ein sorgen­freies Leben. Das sind aber nicht die Men­schen, die ich be­trachten will, sondern dieje­nigen, die um den Aufstieg ringen und nicht genug Kraft haben, alle Hindernisse erfolgreich zu be­kämpfen.

UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN BERUF UND BERUFUNG

I 179.4ff
Berufung ist etwas anderes als Beruf. Ich möchte sagen, Beruf ist materielle Tätig­keit, Leistung zur Erhaltung des Lebens, zur Erzie­lung materiellen Erfolges. Beru­fung aber hat mit Materie nichts zu tun, sie ist einfach die geistige Grundlage und veranlasst den Menschen zu einer materiel­len Tätigkeit, die zur Höher­entwicklung der Menschheit, zu ihrer Aufklä­rung oder Hil­feleistung dient.
Die Berufung zum Arzt schliesst also sozu­sa­gen den Beruf in sich. Beruf und Beru­fung zu tren­nen, ist nicht leicht. Es muss aber zur Ausübung des Berufes im Irdischen die Beru­fung zur Grundlage gemacht werden, soll der Beruf nicht in elen­des, minder­wertiges Hand­werk absinken.
Die Berufung ist die - möchte ich sagen - ethische Grundla­ge, die wohl im Laufe des Studiums eines Arztes gelehrt wird. Wie wenige stehen aber in der Ausübung ihres Berufes dann abso­lut auf dieser Ebene. Die Materie ist meist stär­ker, und die Un­kennt­nis von den unendli­chen Gesetzen lässt die Ethik bald vergessen.
Ist sich ein Mensch seiner Berufung bewusst und bemüht, demgemäss zu leben und zu ar­bei­ten, dann wird seine berufli­che Tätig­keit zum Wohle der Mitmenschen ausfallen und einen Fort­schritt bedeuten, mehr oder weni­ger greifbar und sicht­bar allerdings für den materiellen Menschen, dafür hoch ange­rechnet für die weiteren Entwicklungs­stu­fen, die der Mensch erstrebt.
Berufung kann man nicht errechnen, nicht erzwingen und fordern, sondern nur erfül­len. Sie ist der Beweis dafür, dass es eine höhere Macht geben muss, die eben beruft oder berufen hat, denn diese Berufung ist mitgebracht ins irdi­sche Dasein und nur dann vorhanden, wenn schon im vergangenen Leben entsprechende Erfahrungen gesammelt und Erfolge erzielt wur­den. Im fertigen Programm ist sie fest verankert und kein Mensch wird den Beruf verfehlen, der darin begründet ist.
Berufung kann aber auch solcherart sein, dass sie mit dem Beruf im materiellen Sinn gar nichts zu tun hat. Neben einem nichts­sagenden Beruf, der nur der Erhaltung des Lebens dient, kann eine Aufgabe höherer oder niede­rer Art verbunden sein. Ein ein­facher Lebens­beruf gestattet oft die Hin­gabe an höhere Aufgaben zum Wohle der Menschheit, zu ihrer gei­stigen Er­bauung und zur Schaffung von Werten, die geeig­net sind, der Erziehung und Entwick­lung der Menschheit zu die­nen.
Oft erkennen die Menschen nicht, welche Betä­tigung in ihrem Leben die wichtigere ist, weil sie in der Lebensauffassung noch nicht so weit fortgeschritten sind, dass der Unwert materieller Erfolge richtig einge­schätzt und erkannt würde.
Einer Berufung im göttlichen Sinn kann sich aber keiner widersetzen. Wir haben genug Beispiele im täglichen Leben. Wie oft kommt es vor, dass ein Kind von den Eltern gezwun­gen wird, ins Kloster zu ge­hen, Geistlicher oder Nonne zu wer­den. Mancher hat die Mög­lichkeit, auch in die­sem Rahmen seiner Be­rufung treu zu blei­ben, meist aber wird ein wahr­haft Berufe­ner den Rahmen sprengen, seiner Berufung folgen, gegen alle Wider­stände ankämpfen, um, an sein tief im Innern schlummerndes Wissen gebunden, den richtigen Weg einzu­schlagen.
Es gibt aber Berufe, die stets nur eine Berufung zur Grund­lage haben sollten und dazu gehört der Beruf des Arztes. Deshalb kann aber auch ein Mensch den Willen und Wunsch haben, Arzt zu sein und sich so hoch zu entwickeln, dass für ein späteres Leben eine Berufung dazu die Grundlage wird. Der gute Wille kann viel oder fast alles er­reichen; alles, was dem Wohl und Fort­schritt der Menschheit dient.



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Verwendete Textstellen aus Mediale Schriften, Dr. Karl Nowotny, Band I-VI

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