Organerkrankung
I 124.3ff
Ich sagte schon an anderer Stelle, dass die Seele als die Lebenskraft aufzufassen ist und deshalb bei allen Krankheiten der grössten Beachtung bedarf. Bisher wurden organische Störungen und Krankheiten als rein organische Mängel betrachtet und ohne Beachtung der Persönlichkeit behandelt und geheilt. Eine solche Heilung ist aber nur eine einseitige und kann niemals vollen Erfolg für den Patienten bedeuten. Es ist unbedingt erforderlich, die Mängel zu erforschen, die zu der Erkrankung des Organs geführt haben.
Es kann wohl vorkommen, dass organische Krankheiten vererbt sind und die Seele, die gegen diese Mängel ankämpfen soll, zu schwach ist; aber meist entsteht ein organisches Leiden durch eine unrichtige Einstellung zum Leben, durch ein nicht richtiges Nutzen der Lebensbedingungen und der zu geringen Aufmerksamkeit und Beachtung der Grundgesetze, die alle menschlichen Regungen beherrschen.
Wenn ich also davon ausgehe, dass die Seele die Kraft bedeutet, die alle Grundlagen des menschlichen Lebens zu erfassen und zu verwerten hat, dann heisst das ganz einfach, dass die Seeleerkennen muss, wo die Grenzen liegen und welcher Regeln und Normen sie sich bedienen muss, um ein menschenwürdiges, gesundes und erfolgreiches irdisches Dasein zu gewährleisten.
Ich habe schon an anderer Stelle ausgeführt, dass die Seele vom Geist den Auftrag zu einer Betätigung erhält und demgemäss in richtiger Reaktion die Willensäusserung in die Tat umsetzen muss. Das ist ein mehr oder weniger mechanischer Vorgang. Um einen solchen Impuls in die Tat umzusetzen, muss aber die Seele in der Lage sein, ungehindert zu wirken. Ich will ein Beispiel dafür geben: Das Geistwesen äussert den Willen oder besser gesagt aus freiem Willen den Wunsch, über etwas Gedanken zu formen. Es will zum Beispiel seine Gedanken auf Gott richten, um eine Vorstellung vom Guten und Schönen in sich zu erzeugen. Die Seele wird aber in diesem Augenblick durch böse Worte gestört, die in der Nähe fallen und das Ohr des Denkenden treffen. Es wird dadurch gestört, die bösen Worte legen sich wie eine schwere Last auf seine Seele und hindern sie, die guten, reinen Gedanken ungestört zur Ausführung zu bringen.
Das erzeugt eine Veränderung im ganzen Organismus, weil die Seele nicht nur ihren Sitz im Gehirn oder wie man gerne sagt im Herzen hat, sondern im ganzen Körper. Es ist daher eine logische Folge, dass überall dort eine Störung auftritt, wo die Seele die Behinderung empfindet.
Es kommt also auf die Kraft an, die sie besitzt, um gegen Störungen von aussen - und nur mit solchen haben wir es zu tun - aufzukommen. Wenn eine Lebenskraft so gross ist, dass sie sich von Hemmnissen befreien kann oder sich von ihnen gar nicht berühren lässt, dann spricht man von einer starken Konzentrationsfähigkeit, das heisst, Fähigkeit von allem Ungewollten Abstand zu halten und frei und ungehindert auf das Ziel zuzusteuern. Ich sagte also, die Seele müsse die Kraft besitzen, sich von ungünstigen Einflüssen fernzuhalten. Wie wenige Menschen können sich einer solchen Fähigkeit rühmen. Es sind wohl nur solche, die auch kein höheres Ziel vor Augen haben und deshalb ihre Leben¬kraft auch nicht zu nutzen und in vollem Masse zu gebrauchen wünschen. Ein Sich-Fernehalten durch Leugnen aller Lebenspflichten und unrichtige Auslegung vom Sinn des Lebens, die darin besteht, dass man sich verschliesst, oder, wie gesagt, absperrt gegen die natürliche und selbstverständliche Lebensaufgabe. Zum Beispiel durch Eingang in ein Kloster. Unter dem Vorwand, nur Gott dienen zu wollen und sich auf ein höheres Leben im Jenseits vorzubereiten, ist nicht der richtige Sinn des Lebens. Und wenngleich die Seele in diesem Fall vielleicht gesünder ist als im natürlichen täglichen Leben, so wird doch nur in den seltensten Fällen auf diese Weise ein Fortschritt erzielt werden.
Den kann nur erreichen, wer Schwierigkeiten zu meistern gewillt ist und sich gerne und bewusst allen Gefahren des irdischen Daseins aussetzt. Nun sind wir an dem Punkt angelangt, von dem ich ausgehen will, um auf die Behandlung der Seele zu sprechen zu kommen. Wir wollen nur Menschen betrachten, die selbst den Fortschritt suchen oder die wir als reif und geeignet betrachten, auf den rechten Weg zum Fortschritt geführt zu werden. Ich sagte schon, dass jeder Mensch eine eigene Persönlichkeit darstellt und dass es nicht zwei Geistwesen gibt, die sich vollkommen gleichen. Wir müssen also jeden für sich betrachten, aber doch zu unserer Betrachtungsweise Grundregeln befolgen, die es uns ermöglichen, das Lebensbild jedes einzelnen zu erfassen.
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Verwendete Textstellen aus Mediale Schriften, Dr. Karl Nowotny, Band I-VI
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