Wahn
WAHN, AUSGEWÄHLT ZU SEIN IST HÄUFIG
V 77.6f
Soviel vorläufig über das „Stimmenhören“. Weit verbreitet ist der Wahn oder die fixe Idee, auserwählt zu sein zu ausserordentlichen Leistungen. So kam ein junger Mann mit uns zusammen, der wegen angeblicher Schizophrenie in einer Anstalt untergebracht war. Er war davon überzeugt, alle Menschen heilen zu können. Er sah sein Unvermögen keineswegs ein, wenngleich er sehen konnte, dass er dazu niemals imstande war. In unbelasteten Momenten war ihm klar, dass sein Verhalten nicht normal war und hielt sich für krank oder besser gesagt geisteskrank. Man hatte ihm sein Leiden als Bewusstseins-Spaltung erklärt, so dass er sich für unheilbar betrachten musste, war das abnormale Verhalten doch aus seinem eigenen Bewusstsein entsprungen.
BEHANDLUNG VON RELIGIÖSEM WAHN
V 141.1f
Religiöser Wahn lautet dann die Diagnose und Verwahrung in einer Anstalt ist oft nicht zu vermeiden.
Die falschen Vorstellungen und Wünsche sind wohl animistischen Ursprungs, also von dem Betreffenden selbst geformt und hervorgebracht; der Wahn oder die Erfüllung der Wünsche ist aber von fremder Kraft bewirkt. Die Aufgabe der behandelnden Psychiater ist daher eine doppelte: Einmal muss der Patient zu der Erkenntnis gebracht werden, dass das Wesen, das sich in ihm - und das meist stimmlich wahrnehmbar - manifestiert, keineswegs einer höheren Sphäre angehört und zum zweiten muss die religiöse Einstellung, das Wunschdenken und was sonst zu solchem Begehren Anlass gab, entsprechend korrigiert werden. Ist das beides gelungen, dann darf ausser von Befreiung auch von Heilung gesprochen werden. Manche geistige Störung könnte von vornherein vermieden werden, wenn Menschen, die im Zusammenhang mit geistigen und religiösen Fragen ungesunde und übertriebene Bestrebungen zeigen, rechtzeitig einer psychischen Betreuung zugeführt würden. In den meisten Fällen würde sich herausstellen, dass die Ursache für das ab-normale Verhalten in einer ganz anderen Richtung zu suchen und zu finden ist.
Die Angst, seine Aufgaben nicht erfüllen zu können, verleitet dazu, um Hilfe zu bitten oder aber körperliche Unzulänglichkeit vor allem auf sexuellem Gebiet lässt den Weg zu religiöser Hingabe als einzigen Ausweg erscheinen.
RELIGIÖSER WAHN, FALLBEISPIEL
V 35.3ff
Mein Medium berichtet selbst:
„Eine Frau, die - wie sie sagte - noch keine Ahnung von geistigen Dingen hatte und gläubige Katholikin war, begann eines Tages zum Zeitvertreib Berichte in Zeitschriften zu lesen, die sich mit „Geistgeschehen“ befassten. Durch diese und einschlägige andere Lektüre entstand in ihr der Wunsch, einen Führer aus dem Jenseits zu bekommen. Sie schrieb mir: Der Wunsch wurde so stark, dass ich nichts anderes mehr denken konnte. Gleichzeitig mit diesem Wunsch hatte ich wunderbare Träume. Manchmal aber lag ich ganz steif im Bett, meine Beine waren wie erstarrt, in meinen Ohren war ein mächtiges Rauschen. Einmal drang das Bewusstsein in mich, deine Seele hat sich gelöst, du kannst fliegen. Dann begann es zu krachen in der Wohnung, im Flur. Ich begann, mich zu fürchten, ich glaubte, ich würde geisteskrank. In meiner Verzweiflung betete ich: bitte Herr, lass mir meinen Verstand. Da war plötzlich das Wort ~Täuschung~ in mir. Ja natürlich, ich täuschte mich ja nur.' Sie hatte die Warnung nicht verstanden und befasste sich weiter mit solcher Lektüre. Wirre Träume, Stimmenhören waren die Folge. Sie schrieb:,…Mehr und mehr kristallisierte sich die Stimme Jesu und der Mutter Gottes heraus. So befahl die Mutter Gottes, ich sollte in dem Ort, wo ich wohne, einen Wallfahrtsort errichten. Inmitten einer ungläubigen Industriegemeinde wollte sie einen kleinen Wallfahrtsort.' Sie tat, was ihr befohlen war…, Und als ich meine Kapelle (sie fügte auch ein Foto bei) ihrer Bestimmung übergab, gab es einen furchtbaren Aufruhr im Dorf, und alle schrien, ich hätte den Verstand verloren und gehörte ins Irrenhaus. Sie warfen mir Steine aus Fenster und beschimpften mich aufs gröblichste…aber ich war von meiner Stimme so überzeugt, ich hätte mich dafür kreuzigen las-sen. Ja, und dann kam das bittere Ende. Mein Wallfahrtsort wurde nur drei Tage alt; dann kam die Polizei und führte mich mit Gewalt weg. Ich habe mich natürlich gewehrt, aber was wollen Sie machen, wenn Sie von zwei Männern gepackt und ins Auto gedrückt werden, dann ins Irrenhaus gebracht, an Händen und Füssen ans Bett gefesselt und eingeschläfert werden wie ein Hund. Als ich dann nach neun Wochen entlassen wurde, war die Stimme weg. Nichts ist geblieben als das grosse ~Was war es?~ War es die Stimme Gottes oder war es Irrsinn? Ich konnte nicht mehr beten, ich haderte nur noch mit Gott: Warum hast Du mich so betrogen? So ging der grosse Hader mit Gott weiter. Dann fand ich Bücher über Mystik und ich sagte mir: Wenn du die Wahrheit über die Stimmen finden willst, dann musst du den mystischen Weg gehen. Nun mache ich die mystischen Übungen, ich bete wieder, und alles, was ich früher erlebt habe, spielt sich in der gleichen Form wieder ab. Ich habe alle Erlebnisse gehabt, auch ein anderes grosses mit der Mutter Gottes, aber die Stimme schweigt…Aber es ist so schlimm, wenn man so grosse geistige Erlebnisse hat und überhaupt keinen Beweis für die Echtheit…Es kam alles so plötzlich, es hat mich einfach überrumpelt. Ich habe nicht gewusst, dass der Geist eine so grosse Macht ist. Es ist ganz merkwürdig; jetzt, weil die Stimme schweigt, wird sie wieder lebendig…Ein Glaubenslicht hat wieder zu brennen angefangen. Mir ist, als würde diese Stimme, obwohl sie schweigt, weitersprechen.' Und es sprachen wieder zahlreiche Stimmen in ihr, bis sie eines Tages überzeugt war, die Stimme Jesu zu hören. Da Ostern vor der Tür stand, befahl ihr die Stimme, Kerzen zu kaufen zur Erleuchtung des Berges der Er-kenntnis. Die Menschen, die die Kerzen dorthin bringen sollten, würden ganz von selbst kommen. Und sie erstand für DM 2.300,- Kerzen.“
Aus dem eben geschilderter Fall mag man ersehen, dass es Dinge gibt, die der Mensch nicht so ohne weiteres durchschauen und beurteilen kann. Freilich wird jeder Aussenstehende, der den Bericht liest, der Meinung sein, die Frau müsse geistig nicht normal und ihrer fünf Sinne nicht ganz mächtig gewesen sein, sonst hätte sie doch selbst erkennen müssen, dass es ein Unding ist, sich solchen Aufträgen zu fügen.
FORM VON RELIGIÖSEM WAHN
V 135.3
Eine noch viel schlimmere Auslegung besteht darin, dass man - und das ist leider in konfessionellen Kreisen manchmal der Fall - einfach behauptet, ein Mensch müsse erst durch die Hölle durch, um dann als reiner Engel oder als Braut Christi vor den Herrn treten zu dürfen. Mit solchen Argumenten kann man natürlich niemals Herr der Lage werden; eine solche Auffassung kann nur als religiöser Wahn bezeichnet werden und lässt den Schluss zu, dass eben der um die Befreiung Bemühte oder damit Befasste selbst in die falsche Gasse geraten ist und den Blick für die Realität verloren hat.
RELIGIÖSER WAHN, HÄUFIGE ERSCHEINUNG
V 40.3ff
Besonders auf religiösem Gebiet sind die Schwierigkeiten in dieser Hinsicht besonders gross. Ein Priester, der bemüht ist, einen Menschen von geistiger Störung zu befreien, kann in Zwiespalt geraten, wenn eine seinen Schützling beherrschende Kraft einen - wenn auch unmerklichen - Einfluss auf seine Gedanken und Vorstellungen gewinnt.
Ich habe in einem solchen Fall meine Hilfe angeboten, konfessionelle Vorurteile erlaubten mir aber nicht, einzugreifen. Die mit sehr viel Liebe und Güte um eine gestörte Frau bemühte Persönlichkeit war nicht in der Lage, die Mitteilungen, die in diesem Zusammenhang aus der jenseitigen Sphäre übermittelt wurden, richtig zu beurteilen. Meine Hilfe wäre nicht angebracht, hiess es, denn es handle sich um einen eindeutig religiösen Fall. „Alle Durchsagen positiver und negativer Art, die sich bei der Frau ergeben, sprechen immer wieder davon, dass sie bis zur Höllenschau vordringen müsse und dass erst dort eine Begegnung mit Christus er-folgen wird, der sie als seine Braut bezeichnet und heimführen will zu seinem Vater…“ Den störenden Kräften war es offensichtlich gelungen, den guten Priester, der in einem langen Leben in reinster Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft viele Menschen von geistigen Störungen befreien konnte, irrezuführen durch schmeichlerische Worte und Vortäuschung guter geistiger Verbindungen, so so daß es den häßlichen Wesen möglich war, ihre Störungen ins Unermeßliche zu steigern.
Die schwere religiöse Wahnvorstellung hat es dem guten Priester unmöglich gemacht, die Hilfen heranzuziehen, die eine Befreiung hätten bewirken können. In ihm war die Überzeugung unumstösslich geworden, dass diese Frau ihren Leidensweg gehen müsse, ja dass es geradezu eine Auszeichnung und besondere Gnade für sie sei.
Es zeigen sich heute immer häufiger solche Fälle von religiösem Wahn.
Ihm zu begegnen ist vor allem dadurch möglich, dass das Wissen von den geistigen Zusammenhängen, vom Wert und Unwert geistiger Kommunikationen verbreitet wird, dass die Warnung vor aktiver Betätigung und die Überschätzung der Nützlichkeit solcher Betätigung vor Augen geführt wird.
RELIGIÖSER WAHN, KORREKTUR OFT SCHWIERIG
VI 75.3ff
Es kann von der Art der Störung ein Rückschluss gefunden werden, aber es genügt nicht, nur den Grund zu wissen, es muss die Abkehr oder Richtigstellung erreicht werden. Das Festhalten an einer vorgefassten Überzeugung ist dabei oft ein Hindernis. Vielfach sind es falsche Vorstellungen vom Verkehr mit der Geisterwelt, das fanatische Festhalten an sensationellen Erscheinungen usw.
Besonders in Bezug auf religiösen Wahn spielt dies eine grosse Rolle. Frömmigkeit artet oft dazu aus, sich ganz fremder Hilfe anvertrauen zu wollen, ohne eigene Kraft und eigenen Willen einsetzen zu müssen. Da-mit aber wird fremden Kräften Tür und Tor geöffnet und ist der Weg frei für solche, die sich in Szene setzen wollen. Sie tun sich dazu kund als Mutter Gottes oder Jesus oder als ein anderes bedeutendes Wesen und veranlassen die Betroffenen zu Verhaltensweisen und Vorstellungen, die weitab von der Realität den Lebenslauf stören oder sogar untergraben.
Menschen, die sich solchen Einflüssen öffnen, sind dann oft das Sprachrohr für Jenseitige und üben ihrerseits einen schädlichen Einfluss auf ihre Umgebung aus, die es nicht wagt, sich zu widersetzen oder auch selbst fasziniert ist von der anscheinend hohen Verbindung. Je unverständlicher die Worte sind - es wird nach ihrem tieferen Sinn und Unsinn nicht gefragt - desto mehr sind die Menschen überwältigt und bereit, kritiklos alles hinzunehmen. Auch den Geistwesen im Jenseits sind Grenzen gesetzt, und eine Betätigung in Form einer aktiven Verbindung mit dem irdischen Bereich er-fordert auch für das Geistwesen Kraft, die nicht missbraucht werden darf.
Es wird deshalb nicht schwerfallen, festzustellen und zu erkennen, dass ein höherem Bewusstsein angehörender Geist sich nicht mehrfach manifestiert, sondern sich stets nur über ein und dasselbe Medium kundtut.
VI 79.5ff
Beim religiösen Wahn ist die Befreiung vor allem dadurch erschwert, dass ein Mensch, der vorgibt, mit der Mutter Gottes oder mit Jesus Christus verbunden zu sein, schwer den Mut findet, sich davon zu trennen, denkend, dass er eine schwere Sünde begehen würde, wenn er auf solche vermeintlich höchste Kommunikation verzichtet, sie ablehnt und sich davon befreit.
Hier kann nur durch gründliche Unterweisung in den Zusammenhängen mit dem Göttlichen, der wahren göttlichen Allmacht ein bleibender Erfolg erzielt werden. Bei Menschen, die, wie ich sagte, in Not oder Schwierigkeiten den Weg zu göttlicher Hilfe gesucht und in Ermangelung der gewünschten Hilfe als Zweifler in die falsche Bahn geraten sind, ist die vordringlichste Aufgabe, ihnen in menschlicher Nächstenliebe zu helfen, sie aus ihren Nöten und Belastungen herauszuführen, so dass, wenn auch eine restlose Behebung nicht möglich ist, der Abstand dazu gewonnen wird und die Überzeugung von der eigenen Kraft, sie zu meistern.
Nicht immer ist es nur der Wunsch nach Hilfe in einer scheinbar ausweglosen Lage, auch Menschen, die nach der Wahrheit suchen und mit allen Mitteln danach streben, erleichtert zu werden und die Sicht nach dem Allerhöchsten zu gewinnen, können auf die falsche Fährte geraten und statt Wahrheit zu finden in schwere geistige Störung geraten.
RELIGIÖSER WAHN, URSACHE UND FOLGE
V 140.5ff
In die gleiche schwierige Lage können aber die Menschen geraten, wenn sie in ihrer religiösen Einstellung übers Ziel hinausschiessen, gleichgültig im Rahmen welcher Konfession. Auch sie können durch die Vorstellung, dass sie mit der göttlichen Allmacht verbunden sein wollen, geistige Kräfte anziehen, die ihnen Erfüllung ihrer Wünsche vorgaukeln, sie ebenso in Euphorie versetzen und sie glauben machen, dass sie als Erleuchtete, Auserwählte usw. über ihre Umgebung weit hinausragen. Religiöser Wahn lautet dann die Diagnose und Verwahrung in einer Anstalt ist oft nicht zu vermeiden.
Die falschen Vorstellungen und Wünsche sind wohl animistischen Ursprungs, also von dem Betreffenden selbst geformt und hervorgebracht; der Wahn oder die Erfüllung der Wünsche ist aber von fremder Kraft bewirkt. Die Aufgabe der behandelnden Psychiater ist daher eine doppelte: Einmal muss der Patient zu der Erkenntnis gebracht werden, dass das Wesen, das sich in ihm - und das meist stimmlich wahrnehmbar - manifestiert, keineswegs einer höheren Sphäre angehört und zum zweiten muss die religiöse Einstellung, das Wunschdenken und was sonst zu solchem Begehren Anlass gab, entsprechend korrigiert werden. Ist das beides gelungen, dann darf ausser von Befreiung auch von Heilung gesprochen werden. Manche geistige Störung könnte von vornherein vermieden werden, wenn Menschen, die im Zusammenhang mit geistigen und religiösen Fragen ungesunde und übertriebene Bestrebungen zeigen, rechtzeitig einer psychischen Betreuung zugeführt würden. In den meisten Fällen würde sich herausstellen, dass die Ursache für das abnormale Verhalten in einer ganz anderen Richtung zu suchen und zu finden ist.
Die Angst, seine Aufgaben nicht erfüllen zu können, verleitet dazu, um Hilfe zu bitten oder aber körperliche Unzulänglichkeit vor allem auf sexuellem Gebiet lässt den Weg zu religiöser Hingabe als einzigen Ausweg erscheinen.
WAHN UND WÜNSCHE, UNTERSCHEIDUNG
V 141.1
Die falschen Vorstellungen und Wünsche sind wohl animistischen Ursprungs, also von dem Betreffenden selbst geformt und hervorgebracht; der Wahn oder die Erfüllung der Wünsche ist aber von fremder Kraft bewirkt. Die Aufgabe der behandelnden Psychiater ist daher eine doppelte: Einmal muss der Patient zu der Erkenntnis gebracht werden, dass das Wesen, das sich in ihm - und das meist stimmlich wahrnehmbar - manifestiert, keineswegs einer höheren Sphäre angehört und zum zweiten muss die religiöse Einstellung, das Wunschdenken und was sonst zu solchem Begehren Anlass gab, entsprechend korrigiert werden. Ist das beides gelungen, dann darf ausser von Befreiung auch von Heilung gesprochen werden. Manche geistige Störung könnte von vornherein vermieden werden, wenn Menschen, die im Zusammenhang mit geistigen und religiösen Fragen ungesunde und übertriebene Bestrebungen zeigen, rechtzeitig einer psychischen Betreuung zugeführt würden. In den meisten Fällen würde sich herausstellen, dass die Ursache für das abnormale Verhalten in einer ganz anderen Richtung zu suchen und zu finden ist.
Zur Übersicht
Verwendete Textstellen aus Mediale Schriften, Dr. Karl Nowotny, Band I-VI
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Wahn
- auserwählt zu sein, ist häufig V 77.6f
- religiösem,-r, Behandlung V 141.1f
- Fallbeispiel V 35.3ff
- Form von V 135.3
- häufige Erscheinung V 40.3ff
- Korrektur oft schwierig VI 75.3ff, 79.5ff
- Ursache, und Folge V 140.5f, 141.2 / VI 88.6ff
- Wünsche, Unterscheidung V 141.1
V 140.5f ist V 140.5ff VI 88.6ff??